Jahrbuch 2025

Im Frühjahr 1974 wurde die Stadt Ehingen zur Großen Kreisstadt erhoben – ein bedeutsames Ereignis in der Stadtgeschichte, das nicht nur verwaltungsrechtliche Veränderungen mit sich brachte, sondern auch symbolische Ausdrucksformen nach sich zog. In diesem Zusammenhang kam erstmals die Idee auf, eine Amtskette für das Stadtoberhaupt anzuschaffen. Der damalige Bürgermeister Wilfried Henger (Amtszeit 1954 bis 1986) äußerte sich dazu gegenüber dem Gemeinderat mit Zurückhaltung: Für seine Person wünsche er keine Amtskette, werde sie aber selbstverständlich tragen, sofern sich das Gremium für eine Anschaffung entscheide. Angesichts der zu erwartenden Kosten regte Henger zudem an, mögliche Spender aus der örtlichen Wirtschaft zu gewinnen. Die Stadt Ehingen wandte sich daraufhin an die Goldschmiedin Giesela Flügge, die gemeinsam mit ihrem Ehemann Wolfgang Flügge in Briel lebte und bereits durch verschiedene Auszeichnungen auf sich aufmerksam gemacht hatte. Sie fertigte mehrere Entwürfe an – zwei davon wurden Bürgermeister Henger zur Auswahl vorgelegt: einer mit eher modernen, der andere mit traditionellen Gestaltungselementen. Nach intensiver Diskussion entschied sich der Gemeinderat für die Anfertigung der Amtskette. Die Finanzierung übernahmen sieben Ehinger Firmen, die so einen maßgeblichen Beitrag zur Verwirklichung dieses repräsentativen Projekts leisteten. Die fertige Amtskette, ein handwerkliches Unikat von hohem künstlerischen Wert, besteht aus 16 quadratischen Kettengliedern und 18 Chalcedonquadern, mikrokristallinen Quarzen, die durch Ösen miteinander verbunden sind. Auf der Rückseite der Kettenglieder sind die Namen der Orte eingraviert, die bis zum 1. Januar 1974 nach Ehingen eingemeindet worden waren. (Rißtissen kam erst zum 1. Januar 1975 hinzu.) Die Vorderseite des Mittelstücks ist als großes Achteck gestaltet. Es zeigt das Stadtwappen von Ehingen sowie die markanten Turmsilhouetten der Konviktskirche, der Stadtpfarrkirche und der Liebfrauenkirche. Die Inschrift lautet: „Ehingen Große Kreisstadt 1974“. Zwei verbindende Quadrate zwischen der Kette und dem Mittelstück tragen die Darstellungen von Sonne, Mond und Sternen. Auf ihrer Rückseite sind zwei lokale Symbolfiguren eingraviert: die Ehinger Hexe und der Spritzenmuck. Die Hinterseite des Mittelstücks, ebenfalls ein Achteck, ist kleiner und zeigt das Wappen beziehungsweise das Siegel des Direktoriums der Schwäbisch-Österreichischen Landstände – bestehend aus den Einzelwappen der Direktorialstädte Ehingen, Rottenburg, Munderkingen und Radolfzell aus dem 18. Jahrhundert. Mit der von Giesela (*1942) und Wolfgang Flügge (*1942) gestalteten Amtskette erhielt die Stadt Ehingen nicht nur ein repräsentatives Schmuckstück, sondern auch ein symbolträchtiges Zeichen ihrer kommunalen Identität und Geschichte. Die Amtskette des Oberbürgermeisters Die Amtskette wird vom Oberbürgermeister zu feierlichen und repräsentativen Anlässen getragen. Juni 2025 | 44

RkJQdWJsaXNoZXIy NzY5NzY=