Oberschaffnei Broschüre

Stadt & Bürger STADT EHINGEN (DONAU) Oberschaffnei Bürgerhaus Bürgerhaus Oberschaffnei Schulgasse 21 89584 Ehingen Oberschaffnei Bürgerhaus

Inhaltsverzeichnis Grußwort des Oberbürgermeisters 4 Die Geschichte der Oberschaffnei Vom Urspringer Klosterhof - Dr. Ohngemach, Stadt Ehingen 6 Schaffneibauer Egle - Johannes Lang, Museumsgesellschaft 16 Der Umbau der Oberschaffnei zum Bürgerhaus Planung und Realisierung - Alexander Deusch, Stadt Ehingen 19 Historische Bauforschung - Andrea Kuch, Büro für Bauforschung und Baudokumentation 26 Ausblick Bürgerhaus Oberschaffnei 30 Geschichten um die Oberschaffnei Erinnerungen von Ehinger Bürgerinnen und Bürgern - zusammengestellt von Johannes Lang, Museumsgesellschaft 31 Abbildung: Eingang Oberschaffnei. 2 3

Grußwort des Oberbürgermeisters Liebe Ehingerinnen, liebe Ehinger, heute darf ich Ihnen Ihr Haus übergeben! Dies meine ich im wörtlichen Sinne, denn das „Bürgerhaus Oberschaffnei“ ist ein Haus der Bürger und steht allein Ihnen zur Verfügung. Ich lade Sie ein, Ihr Haus bei einem ersten Rundgang nach dem Umbau zu erkunden. Dieses Heft begleitet Sie dabei. Das denkmalgeschützte Gebäude birgt so manche Überraschung – schließlich sind im Laufe von mehreren hundert Jahren unzählige Menschen in dieses Haus eingetreten, haben es besucht oder darin gewohnt, haben hier gearbeitet, es ihren Bedürfnissen angepasst. Es war ein Ort vielfältiger Begegnungen. Einige von Ihnen erzählen in diesem Heft ihre ganz persönliche Geschichte, die sie mit der Oberschaffnei verbinden. 4 5 Der Umbau war eine Herausforderung. Der Stadt Ehingen als Bauherrin und den Planern ist es jedoch gelungen, den heutigen Ansprüchen an Funktionalität und Ästhetik gerecht zu werden. Sie sind dabei sehr behutsam mit den Spuren der Vergangenheit umgegangen, so dass Altes und Neues harmonisch ineinander greifen. Liebe Bürgerinnen und Bürger, Sie bekommen ein Haus mit vielfältigen Möglichkeiten. Nehmen Sie es mit in die Hand, die Oberschaffnei zu einem neuen Ort der Begegnung in Ehingen zu machen und sie mit Leben zu füllen. Ich wünsche Ihnen zahlreiche schöne Stunden und interessante Begegnungen in Ihrem Bürgerhaus. Ihr Oberbürgermeister

6 7 Vom Urspringer Klosterhof oder der sogenannten Oberschaffnei von Ludwig Ohngemach Zweifellos gehört das Gebäude, das heute unter der Bezeichnung „Oberschaffnei“ bekannt ist, zu den bedeutendsten historischen Bauten der Ehinger Altstadt. Noch heute dominiert der dreigeschossige und überbreite Baukörper die Schulgasse. Und zusammen mit dem benachbarten Hof der Reichsabtei Salem, der sogenannten Vogtei oder dem Haus des Syndikus der Schwäbischen Reichsritterschaft trug er mit dem längst verschwundenen Renner´schen Hof maßgeblich zur historischen Bedeutung bei, die dem Gänsberg seit dem 13. Jahrhundert zukam. Klosterhof Bereits seit Anfang des 14. Jahrhunderts bemühten sich die Benediktinerinnen von Urspring um ein Haus oder eine „Herberge“ in Ehingen. 1319 räumten die Grafen Ulrich und Konrad von Berg, Vater und Sohn, zur Förderung ihres Seelenheiles dem Kloster das Recht ein, in Ehingen ein Haus zu erwerben. Die Klosterfrauen sollten das Vorrecht haben, dorthin ihr Gut zu treiben oder tragen, ohne dass sie ihnen als Stadtherrn oder der Stadt selbst Dienste leisten mussten. Es sollten also von dort aus die umliegenden Besitzungen des Klosters verwaltet werden und Güter ohne Abgaben in die Stadt und wieder heraus gebracht werden können. Wenig später hat das Kloster dann „in der Neustadt auf dem Gänsberg“ „von der Ruhinen“ ein Anwesen gekauft, das Graf Konrad von Berg im Frühjahr 1320 noch einmal ausdrücklich und mit Zustimmung von Ammann und Räten der Stadt Ehingen von aller Steuer, Wacht, großem und kleinen Dienst befreit hat. Auch in späteren Jahren unterstützten die Grafen von Berg das Kloster mit seinem Hof in Ehingen. So bestätigte Graf Konrad von Berg 1337 eine Reihe von Stiftungen von ihm, seinem Bruder sowie seinem Vater an die Klosterfrauen von Urspring zur Förderung ihres Seelenheiles. Weiterhin befreite er diese und andere Stiftungen von allen Belastungen wie Steuer, Wache, Zoll und Diensten. Hiervon war auch das Anwesen des Klosters auf dem Gänsberg betroffen, als dessen Nachbarn nun der „Kostentzer[s]“ und „Ruph Umman[s]“ genannt werden. Noch vor 1387 verkauften die Frauen dieses Haus und erwarben stattdessen Behausung und Hofstatt des Ehinger Bürgers und Juden Abraham von Vorchhaim, auf die sie die alten Freiheiten übertragen ließen. In späteren Jahren nutzte das Kloster mehrfach sich bietende Gelegenheiten zum Häusertausch. 1437 tauschte man mit dem benachbarten Stadtknecht Erhard Prög Haus und Hofstatt. Vierzig Jahre später, 1477, hoffte man erneut, sich auf diese Weise zu verbessern. Bei jeder Veränderung achtete man darauf, die Freiungen auf die jeweils neu erworbenen Häuser übertragen zu lassen. So findet man in einem Verzeichnis aller in und zu Ehingen gehörigen Feuerstätten, angelegt nach dem Stadtbrand von 1749, unter den „Stehendte[n] privilegierte[n] Feürstätt[en]“ auch diejenige des „Hochadel[igen] Stüfft[s] Urspringen“. In der Folgezeit wird das Haus auf dem Gänsberg, das sich unweit der deutschen Schule befand, zur Lokalisierung anderer Gebäude immer wieder erwähnt. Beim heutigen Gebäude handelt es sich um einen Neubau, entstanden am Ende des 17. Jahrhunderts, datiert durch die Jahreszahl 1687 auf dem Schlussstein des Südportals. An der Einfassung des Hauptportals dürfte, ablesbar durch seine hellere Färbung, bis zur Säkularisation ein Wappen des Klosters angebracht gewesen sein. Die Kassettendecken in drei nördlichen Zimmern im ersten Obergeschoß stammen wohl aus der Erbauungszeit. In diesem Bereich sind auch die Amtsräume der Klosterbeamten zu suchen. Schulgasse mit ehemaliger Volksschule und Oberschaffnei, aufgenommen um 1960. Die Geschichte der Oberschaffnei

8 9 Aufgaben Neben seinem Schaffneigebäude konnte die Abtei im Laufe der Zeit in und um Ehingen weitere Güter, Gülten und Zinsrechte erwerben, die hier abzuliefern waren. Wie im Fall des etwas später eingerichteten Ulmer Pfleghofs, wurden Getreidegülten und Geldzinse gesammelt und zum Teil auch vermarktet. Auf Grund der Anordnung der Orte ist dem 1475 erneuerten Lagerbuch zu entnehmen, dass der Ehinger Pfleghof für Allmendingen, Altbierlingen, Altheim, Berkach, Blienshofen, Dellmensingen, Dettingen, Griesingen, Heufelden, Laupheim, Mundingen, Nasgenstadt, Obersulmetingen, Pfraunstetten, Rißtissen, Rottenacker, Schaiblishausen, Unterstadion, Volkersheim und Weisel zuständig war. Das Amt des in Ehingen angesiedelten Schaffners, der die Bezeichnung Hofmeister oder Statthalter führte, war offenbar nicht sehr bedeutend und wurde wohl nicht hauptamtlich ausgeübt. Dementsprechend wird dieses Amt auch sehr selten erwähnt. Ob auch der Ehinger Schaffner, wie offenbar sein Ulmer Kollege, gegenüber dem Kloster jährlich Rechnung ablegte, ist eher zweifellhaft. Der Güterbesitz des Klosters wurde direkt von Urspring aus verwaltet. In der Anfangszeit geschah dies durch den Prior, später waren hierfür weltliche Beamte zuständig, die den Titel eines Hofmeisters führten. Soweit Geschäfte mit einer gewissen Bedeutung zu erledigen waren, wie sie etwa in den Ratsprotokollen der Stadt erscheinen, so wurde im Namen des Klosters jeweils der Hofmeister aktiv. Zu Anfang des 18. Jahrhunderts war dies zum Beispiel Christian Hölldobler. Nachdem in früherer Zeit die Urspringer Hofmeister aus dem Kreis der Lehensbauern des Klosters kamen, finden wir auf dieser wichtigen Verwaltungsstelle seit dem späteren 16. Jahrhundert zunehmend qualifiziertere Personen, unter denen sich auch Mitglieder Ehinger Familien befinden. Zu nennen ist in diesem Zusammenhang z. B. Johann Konrad Senfflin. Im weiteren Verlauf des 18. Jahrhunderts ist üblicherweise nur noch vom „Oberamt Urspringen“ die Rede. Und selbstverständlich wurden Meinungsverschiedenheiten etwa über die niedergerichtlichen Befugnisse zu Nasgenstadt vom Magistrat, der im Namen des Spitals agierte, mit den Verwaltungsbeamten in Urspring abgeklärt. Säkularisation und Übergang in Privatbesitz Der Konvent der Benediktinerinnen von Urspring unterstand als landständisches Kloster mit seinen Besitzungen Österreich als Landesherrn. Nachdem die Abtei 1802 noch der Säkularisation entgangen war, kam das Ende im Dezember 1805, als Habsburg im Frieden von Preßburg seine noch verbliebenen Gebiete in Südwestdeutschland verlor. Mit der Aufhebung der Abtei Urspring war auch das Ende seines Klosterhofes in Ehingen besiegelt. Dennoch sicherten Äbtissin und Konvent am 21. September 1805 ihrem Oberamtmann Josef Friedrich von Rom (1760-1829) und für den Fall seines Todes auch seiner Witwe ein lebenslanges Wohnrecht und zusätzlich jährlich 8 Klafter Brennholz zu. Zwei Monate später verkaufte das Kloster den Hof an von Rom, was später noch zu Schwierigkeiten mit den württembergischen Beamten führte. Im Güterbuch von 1810 erscheint von Rom, jetzt Oberamtmann in württembergischen Diensten zu Zwiefalten, als Besitzer des Anwesens, das auch über eine Stallung verfügte. Oberschaffnei der Universität Freiburg Mit Kaufurkunde vom 28. Dezember 1827 verkaufte der inzwischen pensionierte Oberamtmann von Rom seine dreistöckige Behausung Nr. 162 „auf dem Rennhof“ an die Großherzoglich Badische Universität Freiburg im Breisgau. Diese verfügte seit der Inkorporierung der Pfarrei St. Blasius in die Universität Freiburg im 15. Jahrhundert zur Verwaltung ihrer Besitzungen in und um Ehingen über Zehntscheuern und eine Schaffnei in der Stadt. Letztere lag „auf dem Trenkberg“ und wurde beim Stadtbrand 1749 zerstört. Man behalf sich dann mit Provisorien, die erst mit dem Kauf des Gebäudes auf dem Gänsberg 1827 ein Ende fanden. Dieses wurde namens der „Hohen Schule Freiburg“ durch deren Bevollmächtigten Johann Baptist Seifriz, Schaffneiverwalter zu Ehingen, zum Preis von 3.800 Gulden erworben. Das „Schätzungs- und Classifications Protokoll“ zur Gebäudebrandversicherung aus dem Jahre 1866 gibt Aufschluss über die seinerzeit vorhandenen Räumlichkeiten. Demnach befanden sich im Souterain zwei gewölbte Keller, im Erdgeschoss zwei beheizbare und fünf unbeheizbare Zimmer mit gewölbten Decken. Im ersten Obergeschoss waren vorhanden: sieben Zimmer, von denen vier heizbar waren, weiterhin zwei Kammern und eine Küche. Das zweite Obergeschoss war nicht unterteilt und diente als Fruchtschütte. Darüber befanden sich dann noch drei Dachböden. In dieser Zeit amtierte hier der Oberschaffneiverwalter Johann Baptist Seifriz, der wohl um 1833 von Johann Nepomuk Jehle abgelöst wurde. Im Herbst 1838 bestätigte der Stadtrat Jehle, dass er „ein gutes Prädikat [Ruf] und ein Vermögen von einigen 1000 f [Gulden] besitz[t]e“. Aber schon wenig später, im Januar 1839, verurteilte ihn das Oberamtsgericht in Biberach wegen „injuriosen [beleidigenden] Ausfällen gegen den vormaligen Oberamtsgerichtsverweser Mast in Ehingen“, die in einer Eingabe an das dortige Gericht enthalten waren, zu einer Strafe von 10 Reichstaler. Neben der Einziehung der Abgaben, die der Universität zustanden, war die Oberschaffneiverwaltung mit Oberschaffneiverwalter Jehle an der Spitze auch mit dem Unterhalt der Liegenschaften, die der Universität in Ehingen gehörten oder für die sie die Baulast zu tragen hatte, befasst. In den 1840er Jahren hatte er sich vor allem um die Zehntscheuer, die neben dem städtischen Kornhaus am Tränkberg stand, zu kümmern. Diese wies in diesen Jahren offenbar immer wieder gravierende Baumängel auf. Daneben hatte die Universität als Inhaberin des Patronats für den Unterhalt des Pfarrhauses bei St. Blasius zu sorgen. Mit Ablösung der Grundlasten, Gülten und Zehnten 1848/49, waren Schaffner und Schaffnei Schlussstein, südliches Portal auf der Gartenseite mit der Jahreszahl 1687. Hauptportal der Oberschaffnei mit nach 1945 ersetzten Gewändesteinen.

10 11 entbehrlich geworden. Dennoch wurde das Gebäude zunächst noch beibehalten, das weiterhin der nun pensionierte Oberschaffner Jehle bewohnte. Am 25. Juli 1873 erschien dann im „Volksfreund für Oberschwaben“ eine erste Ankündigung zur Versteigerung des Schaffneigebäudes an den Meistbietenden, die am 7. August morgens 10 Uhr stattfinden sollte. Wenige Tage später wurde die Versteigerung des „AmtsInventars“ für den 12. August angekündigt. Im Besitz von Stadt und Stiftung Auf Beschluss der Stiftungskollegien wurde an die Oekonomieverwaltung der Universität Freiburg der Antrag gestellt, der Stadtgemeinde das Oberschaffneigebäude zu verkaufen, da die Oberschaffneiverwaltung in der nächsten Zeit aufgehoben würde, die Stadt aber in naher Zukunft die Volksschule erweitern müsse. Nachdem die Universität zum Verkauf bereit war, kam man im Verlauf der weiteren Beratungen zu dem Schluss, dass das Anwesen sich sehr gut für Schulzwecke eigne und sich zudem in sehr gutem baulichem Zustand befinde. Für die bevorstehende Versteigerung wurde dann eigens eine Kommission gebildet. Diese konnte dann tatsächlich am 7. August das Gebäude mit zugehörigem Garten zum Preis von 10.150 Gulden ersteigern, wobei der Kaufpreis zur Hälfte von dem der Stiftung inkorporierten Schulfond und zur Hälfte von der Stadtgemeinde aufgebracht wurde. Letztere behielt sich allerdings die Rückforderung ihres Anteils vor, sofern sich zu einem späteren Zeitpunkt ergeben sollte, dass die Schulstiftung den gesamten Kaufpreis aufbringen könne. Und tatsächlich, 1887 wurde dieser Anteil gegen eine Bauschuld der Stadt an die Stiftung aufgerechnet. Auch die Ankaufkosten teilten sich Stadt und Stiftung zur Hälfte. Im Oktober beschloss der Stiftungsrat, die im Gebäude befindliche Wohnung mit dem zugehörigen Garten zu vermieten. Dieser sollte später, wenn das Gebäude als Schule genutzt würde, zum Teil als „Tummelplatz für die Kinder“ sowie zum kleineren Teil als Gemüsegarten für den im Hause wohnenden Lehrer dienen. Nutzung als Schulgebäude – Fortbildungsschule für Mädchen Seit September 1874 sind Bemühungen um die Errichtung einer freiwilligen Fortbildungsschule für Mädchen zu belegen, jedenfalls stand dieses Thema auf der Tagesordnung des Lehrerkonvents und des Ortsschulrats. Diese Schule, für die ein eigener Lehrer abgestellt werden sollte, war für Mädchen vom 12. bis 16. Lebensjahr gedacht. Ab wann unterrichtet wurde, ist nicht bekannt, aber bereits am 17. und 18. April des Folgejahres fand in der Fortbildungsschule eine Visitation statt und wenige Tage später, am 30. April 1875, war der Lokalpresse zu entnehmen, dass für die „neu errichtete weibliche Mittelschule“ mit dem Lehrer Constantin Wieland von Mühlheim bei Tuttlingen ein hervorragender Mann gewonnen werden konnte. Nachdem man bisher mit einem Provisorium hatte zurecht kommen müssen, konnten die Schülerinnen der „Mädchen-, Mittel- und Fortbildungsschule“ am 11. Mai eigene Räumlichkeiten in der Oberschaffnei beziehen. Aus diesem Anlass wurde auch der neuernannte Lehrer Wieland in der Lokalpresse nochmals eingehend vorgestellt und die „hohen hellen Zimmer“ sowie die „splendide Ausstattung“ gerühmt. Im Frühjahr 1876 bemühte sich die Stiftung um einen Staatsbeitrag und in einer Sitzung des Stiftungsrates wurde über das bisher Erreichte berichtet. Demnach besuchten damals 20 Schülerinnen die weibliche Fortbildungsschule, wobei die meisten zuvor die Mittelschule für Mädchen absolviert hatten. Neben der weiblichen Fortbildungsschule wurden die Räumlichkeiten in der Oberschaffnei auch für Industrieunterricht und Mittelschule genutzt. Der Industrieunterricht (Nähunterricht) wurde seit 1880 von Ordensfrauen aus Sießen erteilt, die damals nach Ehingen berufen wurden und hier zudem eine Nähschule einrichteten. 1884 war man mit dem Lehrerfolg der Schule nicht zufrieden, weshalb der Deutsch- und Französischunterricht verbunden und durch einen Fachlehrer erteilt werden sollte. Weiterhin entschloss man sich auf vielfachen Wunsch, einen Kurs im Kleider machen einzurichten, wozu eine weitere Schwester aus Sießen angestellt werden sollte. Das Schulgeld wollte man nun von 7 auf 14 Mark je Mädchen erhöhen. Diese Schule erscheint später auch unter dem Namen „Private höhere Töchterschule“. Vorstand war der jeweilige katholische Stadtpfarrer. Wohl ab 1881 erhielten die Sießener Schwestern für Unterkunft und Schulzwecke große Teile der Oberschaffnei zur Verfügung gestellt. Inzwischen erteilten die Schwestern auch Handarbeitsunterricht an der Volksschule, führten eine Nähschule für schulentlassene Mädchen und erteilten Privatunterricht in Französisch und Musik. Es überrascht nicht, dass in diesen Jahren immer wieder Bauarbeiten in der Oberschaffnei nötig wurden. 1875 erfolgten durchgreifende Erneuerungsarbeiten im Parterre (Erdgeschoss) und im ersten Obergeschoss. Verkaufsanzeige für das Oberschaffneigebäude, erschienen im „Volksfreund für Oberschwaben“ vom 25. Juli 1873. Verkaufsanzeige für das Amtsinventar aus der Oberschaffnei, erschienen im „Volksfreund für Oberschwaben“ vom 5. August 1873.

12 13 Im Herbst 1877 beschloss der Stiftungsrat, für den Ausbau des zweiten Obergeschosses zu einer Wohnung mit fünf Zimmern 2.000 Mark bereit zu stellen. Bis Anfang 1884 war die Wohnung im zweiten Stock (1. OG) vermietet, wurde dann aber für Schulzwecke benötigt. Auch 1893 ist hier im zweiten Stock (1.OG) neben den Schulzimmern eine Lehrerwohnung vorhanden, während im dritten Stock (2.OG) drei Schwestern aus Sießen untergebracht waren. Die erwähnte Lehrerwohnung scheint noch 1894 der bereits bekannte Lehrer an der Mädchenschule, Constantin Wieland, als Dienstwohnung genutzt zu haben. 1904 sollten in den Weihnachtsferien in zwei der Räume, die von der Schule genutzt wurden, Fußböden erneuert werden. 1905 genehmigte der Gemeinderat die Anschaffung eines Badeofens und einer Badewanne für die Lehrschwestern. Weitere Reparaturen wurden nach einem „Augenschein“ (Lokaltermin) auf den Weg gebracht. Auf eine neue Grundlage wurde die Fortbildung der Mädchen gestellt, als am 3. Oktober 1907, maßgeblich auf Betreiben des damaligen Stadtpfarrers Max Ströbele, eine private, freiwillige weibliche Fortbildungsschule eröffnet wurde. Schon zu Beginn konnte sie 20 Schülerinnen vorweisen. Neben hauswirtschaftlichen Fächern wurden bald auch Kurzschrift, Maschine schreiben und einfachere Buchführung unterrichtet. Außerdem erteilte eine Schwester auf Wunsch privaten Musikunterricht. Auch im Realkatalog von 1908 ist unter den Ehinger Schulen weiterhin die höhere Töchterschule zu finden, die offenbar nach wie vor bei Mädchen, die bereits aus der Schule entlassen worden waren, Anklang fand. Im Herbst 1910 suchte die Vorsteherin der Lehrschwestern beim Gemeinderat um die Erlaubnis nach, in einem Zimmer der Oberschaffnei auf eigene Kosten eine Hauskapelle einrichten zu dürfen, was ihnen auch zugestanden wurde. Die Fertigstellung der Kapelle in einem Raum auf der Südseite im mittleren Stock (1.OG) war für Weihnachten vorgesehen. Damals waren hier in der Schule acht Schwestern und vier Schwesternkandidatinnen tätig. In der Folgezeit scheint der Zuspruch zu dieser privaten Schule, die 1912 offiziell als „Katholische Fortbildungsschule“, landläufig aber auch als „Höhere Töchterschule“ bezeichnet wurde, stark abgenommen zu haben. 1931 stand sie auf Grund der geringen Schülerzahl vor dem Ende. Jedenfalls teilte die Schulschwesternkongregation in Sießen am 26. März 1931 dem Gemeinderat mit, dass für das kommende Schuljahr lediglich sechs Schülerinnen für die Fortbildungsschule zu erwarten seien und sie es für nicht zweckmäßig erachteten, hierfür eine eigene Lehrkraft zu unterhalten. Dem Antrag auf Aufhebung stimmten die Gemeindekollegien allerdings nicht zu, vielmehr wurde die Schule ab 1931 in eine hauswirtschaftliche Abteilung und als Ergänzung hierzu mit einer Abteilung für Kurzschrift, Maschine schreiben und Buchführung gegliedert. In der Folgezeit scheinen sich die Schülerinnenzahlen wieder erholt zu haben, denn Anfang 1933 übernahm die Stadt Kosten für Elektroinstallationen, „um den Schülerinnen in der weiblichen Fortbildungsschule im Bügeln und Kochen etwas Zeitgemäßes bieten zu können“. Und Ende 1933 beschloss der Finanzausschuss des Gemeinderats auf Antrag des katholischen Stadtpfarramtes die Anschaffung eines neuen Kochherdes für den Kochunterricht, der in der Küche in der Oberschaffnei stattfand. Eine wichtige Rolle für den zeitweisen Niedergang der Schule scheint gespielt zu haben, dass man seit der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zunehmend der Meinung war, dass für Mädchen eine Hauswirtschaftsschule als Fortbildungsmöglichkeit nach Absolvierung der Volksschule notwendig sei. Dort sollten ihnen, neben theoretischem Unterricht, „vor allem praktische Kenntnisse im Kochen, Waschen, in der Kinderpflege, überhaupt in sämtlichen im Haushalt vorkommenden Arbeiten beigebracht werden“. Man sah es als öffentliche Aufgabe an, auf diese Weise „die seelischen und sittlichen Kräfte zu wecken und zu vertiefen“. Nach einigem Hin und Her, wobei sich zuletzt auch die aktuellen politischen Umwälzungen bemerkbar machten, berichtete Bürgermeister Dr. Henger im Herbst 1934 dem Gemeinderat von der Gründung eines Zweckverbandes zur Errichtung der Hauswirtschaftsschule. Nachdem noch fehlende Einrichtungsgegenstände erworben wurden, konnte diese dann am 1. November 1934 in der Volksschule eröffnet werden. Kirchliche Musikschule Seit Frühjahr 1934 nutzte dann noch eine kirchliche Musikschule Räume in der Oberschaffnei, die bisher als Wohnung eingerichtet und vermietet gewesen waren. Entstanden aus kirchenmusikalischen Kursen, die Pfarrer Eugen Keilbach (1862-1937) seit 1929 an seinem früheren Wirkungsort Ummendorf veranstaltet hatte, entwickelte sie sich zu einer ständigen Einrichtung. Als Nachfolger von Pfarrer Keilbach verlegte der Kirchenmusiker Hugo Treiber (1894-1979), der 1934 als Nachfolger von Georg Zoller nach Ehingen kam, die Schule an seinen neuen Wirkungsort. Immerhin konnten den Schülern damals Luftbild nach Nordosten 1926 mit Zementwerk

14 15 für den Unterricht drei Orgeln zur Verfügung gestellt werden. 1949 wurde die Schule nach Rottenburg verlegt und existiert dort heute als Hochschule für Kirchenmusik der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Sitz der Kreisleitung der NSDAP Das vorläufige Ende der Oberschaffnei als Schulgebäude kam schnell und für die Beteiligten überraschend. Im Herbst 1937 gelangte Kreisleiter Zirn (1892-1943) zu der Überzeugung, dass die bisher genutzten Räumlichkeiten im Hopfenhaus für die zahlreichen Abteilungen der Kreisleitung der NSDAP nicht ausreichend seien. Nach einem ersten Vorstoß bei Bürgermeister Dr. Henger, der offenbar kein Ergebnis brachte, erschien er wenige Tage später am 23. September persönlich im Gemeinderat mit der Forderung, hierfür das Oberschaffneigebäude zur Verfügung zu stellen. Den bisherigen Nutzern, Kirchenmusikschule und Frauenarbeitsschule sowie den Lehrschwestern der Handarbeitsschule, solle umgehend gekündigt werden. Bürgermeister Dr. Henger erklärte sich hierzu grundsätzlich bereit, äußerte aber Bedenken wegen der kurzen Frist für die geplante Änderung. Außerdem verwies er auf den Umstand, dass für notwendige bauliche Maßnahmen im städtischen Haushalt keine Mittel vorgesehen seien. Da Zirn dessen ungeachtet darauf bestand, dass das Gebäude am 1. November zur Verfügung gestellt werde, mussten die bisherigen Nutzer ihre Räume abgeben. Daran hat auch ein Schreiben von Superior Dieterich an Bürgermeister Dr. Henger nichts mehr geändert, in dem er auf die vielfältigen und langjährigen Leistungen der Sießener Ordensschwestern im Schulwesen der Stadt hingewiesen hat. Die Oberschaffnei wurde dann bis Kriegsende von der Kreisleitung der NSDAP und ihren Dienststellen genutzt. In der Folgezeit stellte die Stadt der Fortbildungsschule die ehemalige evangelische Volksschule, in der heutigen städtischen Galerie, als Ausweichquartier zur Verfügung. Dass es den neuen Machthabern aber auch um die Ausschaltung unliebsamer Konkurrenz ging, lässt sich daran ablesen, dass am 21. März 1939 die seit 1931 bestehende kaufmännische Abteilung (Abt. Handelsfach) der privaten Fortbildungsschule durch Erlass des Kultministers geschlossen werden musste. Die durchschnittlich 20 bis 25 Schülerinnen sollten künftig auf die gewerbliche und kaufmännische Berufsschule ausweichen. 1940 musste dann auch das Schulgebäude dem weiblichen Arbeitsdienst zur Verfügung gestellt werden. Weitere Lehrtätigkeit der Schwestern wurde unterbunden. Sitz der Stadtverwaltung Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen, der endgültig am Morgen des 23. April 1945 erfolgte, musste das Rathaus geräumt werden. Bürgermeister und Teile der städtischen Verwaltung wichen in die Oberschaffnei aus. Nach der Ablösung der amerikanischen durch französische Truppen wurde deren Gouvernement im Rathaus untergebracht, bis dieses unter dem Gouverneur Noutary im September 1945 in das Haus Bottenschein verlegt wurde. Das Rathaus blieb aber weiterhin von den Besatzungsbehörden blockiert, und noch im November 1947 entschloss sich der Rat den Dachboden der Oberschaffnei ausbauen zu lassen, wodurch drei weitere Schulsäle gewonnen werden konnten. Für den Fall, dass später das Rathaus wieder frei, also die Verwaltung wieder dorthin umgezogen sei, sollten hier die Mädchenklassen der Volksschule einschließlich der Handarbeitsschule untergebracht werden. Erst zum 1. Dezember 1949 wurde das Rathaus von der französischen Besatzungsmacht freigegeben, sodass die städtischen Verwaltungsbehörden wieder an ihren angestammten Platz zurückkehren und die Oberschaffnei räumen konnten. Frauenarbeitsschule In der Zwischenzeit war die Frauenarbeitsschule bereits 1946, zunächst im alten Finanzamt auf dem Gänsberg (Gänsberg 3), als staatlich genehmigte Schule wiedereröffnet worden. Leitung und Lehrerinnen der Schule kamen vom Kloster Sießen, wobei auch die Schwestern vorübergehend im alten Finanzamt wohnten. Nach Räumung der Oberschaffnei konnten sie an Neujahr 1950 wieder in ihr altes Domizil einziehen. Aber noch im Adressbuch des Jahres 1950 findet man unter der Schulgasse 21 die Stadtverwaltung sowie das städtische Wohnungsamt. Ab dem Frühjahr 1955 konnte zum bisherigen Handarbeitsunterricht der bisher zur vollausgebauten Frauenarbeitsschule noch fehlende, hauswirtschaftliche Unterrichtsteil angeboten werden. Da damals auch die bisher von der katholischen Volksschule benötigten Räume frei wurden, konnte die Hauswirtschaftsschule in die Oberschaffnei, ins Obergeschoss, einziehen. 1966 erfolgte die staatliche Anerkennung der Frauenarbeits- und Haushaltungsschule. Im Dezember 1971 beschloss der Generalrat im Mutterhaus Sießen, die sechs noch in Ehingen tätigen Schwestern wegen Personalmangels abzuberufen. Ihre feierliche Verabschiedung erfolgte am 23. Juli 1972. Gleichzeitig wurde nun die städtische Frauenarbeitsschule aufgelöst. Die Hauswirtschaftliche Berufsfachschule (Haushaltungsschule) wurde künftig von der damaligen Kreisberufsschule übernommen. Abend- und Tagesnähkurse wurden von privater Seite weitergeführt. Außerdem hatte auch das Gymnasium seine Schülerinnen bisher in die Oberschaffnei zum Handarbeitsunterricht geschickt. Wechselnde Nutzungen In der Folgezeit wurde das Gebäude von verschiedenen Einrichtungen der Stadt Ehingen genutzt. So war die Stadtbücherei über lange Jahre hier untergebracht. Nach ihrer Eröffnung am 2. Februar 1947 im Amtsgericht am Marktplatz, musste sie diese Räume bald räumen und fand zunächst im Erdgeschoss der Oberschaffnei Unterschlupf. 1978 wechselte sie in den ersten Stock, in die ehemalige Hauskapelle, bevor sie 1985 ein eigenes Gebäude am Burghof beziehen konnte. Die 1969 gegründete seinerzeitige Städtische Jugendmusikschule war nach ersten Jahren in der Michel-Buck-Schule seit 1972 in der Oberschaffnei untergebracht. Mit der Fertigstellung der Räumlichkeiten im ehemaligen Franziskanerkloster bei der Liebfrauenkirche, fand sie dort ab dem Jahr 2000 eine neue Unterkunft. (Der vollständige Aufsatz mit den zugehörigen Quellenverweisen wird in den „Beiträgen zur Geschichte der Stadt Ehingen“ 2016 erscheinen.)

sub dato 8. Februar 1815 legalisirten Beschreibung besteht a. aus Haus, Hof, Stadel, Hofraite b. an Gärten in 13/32 Tagwerk c. „Wiesen in sieben 7/8 Tagwerk d. „Aeckern in allen 3 Öschen in drei und achtzig Jauchert drei Viertel e. „Wechselfeld in„ drei und zwanzig Jauchert zwei Viertel f. aus dem Heuzehnden von allen in der Schafnei Ehingen der Universität zehendbaren Gärten und Wiesen. 16 17 Schaffneibauer Egle von Johannes Lang Ein Schupflehen, auch Falllehen genannt, wurde in der Regel nach dem Tod des Lehennehmers neu verliehen, in diesem Fall aber noch zu Lebzeiten des bisherigen Lehennehmers an den künftigen Schwiegersohn. Dafür musste dieser einen „Ehrschatz“, also eine Handänderungsgebühr, von 1205 fl 30 kr an die „Schafneicasse zu Ehingen“ entrichten. Die „Schafneicasse“ gehörte zur sogenannten Schaffnei, einer Verwaltungsstelle, die die Besitztümer der Universität Freiburg mit Hilfe eines „Schaffners“ verwaltete. Diese befand sich seit 1827 in dem einstigen Urspringer Hof in der Schulgasse. Dorthin mussten somit die Lehensnehmer ihre Abgaben, also Gülten und Zehnten, abliefern. Als der Hof später auf Johanns Sohn Andreas überging, hatte die Lehensherrschaft mit der Revolution von 1848/49 geendet, und der Lehensnehmer konnte den Hof gegen entsprechende Abfindungszahlungen als Eigentum erwerben. Dieser Hof befand sich über all die Jahrzehnte und vielleicht sogar Jahrhunderte in der Schwanengasse, wo sich heute der Parkplatz eines Geldinstituts befindet. Von Andreas ging der Hof auf den Sohn Adolf über – siehe dessen Grabstein oben. Lehenbrief für den Johann Egle von Sontheim über den eigenthümlichen Universität Freiburgischen Schupflehenhof zu Ehingen Kanzleitaxe 7 fl 54 kr Schreibgebühren 1 fl 54 kr 9 fl 48 kr Dessen zur wahren Urkunde und Bekräftigung haben wir nebst der gewöhnlichen Unterschrift das Universitäts Kanzleisigunt diesem Lehenbriefe aufdrücken lassen. So geschehen Freiburg im Breisgau den 11ten Februar 1831 Dr. Schreiber d. Z. (derzeit) Prorector. Das Foto zeigt in Bildmitte den Schaffneihof Egle in der Schwanengasse Auf dem Friedhof in Ehingen erinnert ein Grab an den einstigen Schaffneibauer Adolf Egle, 1870-1930. Dessen Großvater war Johann Egle aus Sontheim, der 1831 von der Universität Freiburg den Lehenbrief für den Schupflehenhof – genannt Hof und Gut St. Hieronymus zu Ehingen an der Donau gelegen – erhalten hatte. Der vorherige Lehensnehmer war Meinrad Wilhelm, der zu diesem Zeitpunkt noch lebte und dessen Tochter Crescenzia diesen Johann Egle zu heiraten beabsichtigte.

Dessen Sohn Alfons, Jahrgang 1905, übernahm wiederum den Hof und, obwohl freies Eigentum, blieb bei der Bevölkerung die Tradition erhalten, dass er der Schaffnei- oder auch Schaffnerbauer war. Selbst bei dessen Sohn Alfons, Jahrgang 1935, blieb bei älteren Bewohnern und Bauernkollegen dieser Beiname erhalten, obwohl dieser bereits 1960 auf den Rennweg zwischen B311 und Schlechtenfelder Straße ausgesiedelt war. Damit dürfte dieser Hof und Gut St. Hieronymus einer der beiden Höfe von Ehingen gewesen sein, die schon im 16. Jahrhundert auf Anordnung der österreichischen Herrschaft der Universität Freiburg einverleibt wurden, so wie dies auch mit der Pfarrpfründe von St. Blasius, der ihr zugehörigen Mühle unterhalb der Pfarrkirche, der sogenannten Heckenmühle, dem Fischwasser in der Schmiech, einem Weiher außerhalb der Stadt und einem Weiher an der Schmiech und noch etlichen anderen Höfen in umliegenden Dörfern geschah. Zur Verwaltung dieser Besitzungen und deren Ernteerträge unterhielt die Universität Freiburg schon ab 1525 einen Universitätsstadel beim städtischen Kornhaus auf dem Tränkberg und beschäftigte einen Verwalter, genannt „Schaffner“, für den es dort auch ein Wohnhaus gab. 1555/56 wurde dieser Stadel zwar renoviert, dennoch aber nach dem 30jährigen 18 19 Krieg vom Hl.-Geist-Spital in der Unterstadt ein großer steinerner Stadel als Zehentscheuer gekauft, der von der Bevölkerung „untere Zehentscheuer“ genannt wurde. Der bisherige Stadel samt Wohnhaus des Schaffners in der Oberstadt brannte beim großen Stadtbrand 1749 ab. Fortan brauchte man aber kein Wohnhaus mehr für den Schaffner, weil dieser nicht mehr hauptberuflich tätig war und anderweitig in Miete oder im Eigentum wohnte. Die „untere Zehentscheuer“ war dann sozusagen die untere Schaffnei. Doch 1827 konnte die Universitätsverwaltung den einstigen Urspringer Hof in der Schulgasse, der nach der Säkularisation 1806 sich rund 20 Jahre in Privatbesitz befand, erwerben und damit die obere Schaffnei, oder „Oberschaffnei“, errichten. Doch ist eine doppelte Bedeutung des Wortes dadurch gegeben, da der Schaffner von Ehingen zusammen mit dem jeweiligen Pfarrherrn von St. Blasius auch eine Befugnis über andere Universitätsschaffneien in der Umgebung hatte, so zum Beispiel über die in Warthausen und Essendorf bei Biberach sowie Neudorf bei Munderkingen, für diese also der „Oberschaffner“ war. Aber diese Oberschaffnei war für die Universitätsverwaltung nur noch bis zum Jahre 1848/49 nötig, denn dann wurden die Gülten und Zehnten abgelöst. Der Oberschaffner mit Namen Jehle lebte weiterhin als Pensionär darin, bis 1873 die Stadt Ehingen das Gebäude für Schulzwecke erwarb. Planung und Realisierung Einleitende und übergeordnete Gedanken für die Entwurfsarbeit Das 1687 in der Epoche des Barock als Klosterhof errichtete Verwaltungsgebäude weist eine strenge Ordnung in der Fassade auf. Dies und der massige Baukörper ergeben ein markantes, herrschaftliches, stadtbildprägendes Gebäude. 2014 stellt es sich, bedingt durch seine in die Jahre gekommene Optik und durch die etwas vom Marktplatz abgewandte Lage, leider nicht einladend sondern eher verschlossen, abweisend dar. Mit dem Umbau in ein Bürgerhaus wurde diese Wirkung aufgehoben und es gilt nun das Denkmal mit neuem Leben und vielen interessanten, anziehenden Aktivitäten zu füllen. Für die Ehinger Bürger wurde ein offenes Haus, welches das Miteinander, den Austausch und die Begegnung aller Generationen und Kulturen fördert, geschaffen. Die Plattform der Lokalen Agenda 21 und die organisatorische Hilfe durch die Verwaltung der Stadt Ehingen (Donau) bieten die Grundlage und den Rahmen für die weitere Entwicklung des Bürgerhauses. Ziel des Bürgerhauses ist es, durch bürgerschaftliches Engagement und auf innovative Art und Weise für die Bürger der Stadt Ehingen vielfältige Angebote aufzubauen und dadurch einen wesentlichen Baustein des Stadtentwicklungskonzeptes umzusetzen. Der bereits vor Jahren ins Leben gerufene und vor Ort eingerichtete Ehinger Tafelladen soll weiterhin sozial schwächer Gestellten und Bedürftigen durch verbilligte Abgabe von Waren und Lebensmitteln Hilfe geben. Kinder aller Altersstufen und Herkunftsländer sollen in der Kinderkreativwerkstatt unter fachmännischer Anleitung gefördert werden. Die Kinder können sich an Kunstprojekten und Bastelaktionen beteiligen. Das inklusive Café soll der Integration von Menschen mit Behinderung in das Arbeitsleben dienen und Raum für Begegnung ermöglichen. Die neu geschaffenen Räume und ihre Anordnung im Gebäude optimieren die Abläufe der zukünftigen Aufgaben und weisen – im Sinne der Entwicklung, Umsetzung neuer Ideen - weitestgehend eine Multifunktionalität auf. Der Umbau der Oberschaffnei zum Bürgerhaus

Der Innen- und Außenputz wurde größtmöglich erhalten. Fehlstellen wurden aufgearbeitet, die Oberflächen wurden neu gefasst. Die teilweise an den Decken vorhandenen Stuckleisten waren zu restaurieren. Zum realisierten Entwurf Basierend auf dem in der Gemeinderatssitzung vom 23.01.2014 vorgestellten Raumkonzept und weiteren Detailklärungen, Besprechungen sowie auf dem Baubeschluss vom 08.05.2014 wurde das nachstehende Entwurfsergebnis umgesetzt. Die Planung des beauftragten Architekturbüros Stemshorn wurde abgestimmt mit dem Landesdenkmalamt, der Baurechtsbehörde, dem Amt für Bildung, Jugend und Soziales und mit den Ansprechpartnern für die Lokale Agenda und des Ehinger Tafelladens, den Fachingenieuren sowie mit der Abteilung Hochbau des Stadtbauamtes. Untergeschoss Die beiden Gewölbekeller im Untergeschoss werden weiterhin als Lager und für die Haustechnik genutzt. Bei allen Entwurfsgedanken galt es zu berücksichtigen, dass möglichst schonend mit der vorhandenen, denkmalgeschützten Bausubstanz umgegangen wird. Aufbauend auf den Erkenntnissen der bauhistorischen Untersuchung sollte so viel wie möglich erhalten bleiben. Wegen des Brandschutzes und der behindertengerechten Zugänglichkeit musste außenliegend ein Erschließungsbauwerk angeordnet werden. Die vorhandenen, wertvollen Gewölbe und Deckenkonstruktionen ließen innerhalb des Denkmals keine alternative Lösung zu. Erforderliche Untersuchungen / Ergebnisse / Maßnahmen für die Planung und den Bau Nach der Auslagerung des noch verwendbaren Inventars und anschließender Entrümpelung wurden Öffnungen in Decken und Wänden für die Überprüfung der vorhandenen Konstruktionen und verarbeiteten Materialien vorgenommen. Die Untersuchung und Nachberechnung der Tragfähigkeit der Decken ergaben, dass sie für die vorgesehene öffentliche Nutzung ausreichend ist. Im Zuge der Baumaßnahme stellte sich heraus, dass größere Schadstellen im Bereich der Decken vorhanden waren. Teilweise wurden wegen neuzeitlicher Umbauten konstruktive Verstärkungen bei den Decken, Unterzügen und deren Ablastungen erforderlich. Das größere Schadensbild erstreckte sich auf den Dachstuhl. Speziell die Traufbereiche mussten zeitintensiv und umfangreich saniert werden. Das Gebäude wurde an die Versorgung mit Nahwärme aus der Holzhackschnitzelheizanlage beim JohannVanotti-Gymnasium angeschlossen. Für die herangeführte Nahwärme wurde eine Übergabestation mit integriertem Wärmetauscher eingebaut. In diesem Zusammenhang wurde das Gebäude für die zukünftige Telefonie und EDV- Technik mittels Glasfaserkabel mit dem Rathaus Ehingen verbunden. Ebenfalls erfolgte in diesem Zuge die Anbindung an die Stromversorgung über Erdkabel und die Erneuerung der Wasserzuführung. Erdgeschoss mit Funktionsschwerpunkt Unterstützung, Hilfe und Organisation Die Besucher können das Gebäude von Norden – also von der Schulgasse aus – durch das schmuckvolle historische Steinportal und seine schwere, zweiflüglige kassettierte Eingangstüre mit frühklassizistischem (ab ca. 1770) Kerbschnitzwerk betreten. Ebenso kann der Zugang über das südliche, einfacher gestaltete Portal gewählt werden. Hier befindet sich auch der mit 5 m Abstand zum Giebel angeordnete neue Treppenhaus- und Aufzugsturm für die behindertengerechte und fluchtwegetechnisch ausreichende senkrechte Erschließung. Bei den Eingängen werden zum Schutz vor Witterungseinflüssen verglaste Windfänge installiert. Auf der Nordseite befinden sich links und rechts vom Flur zwei Büros. Auf der Ostseite sind weiterhin die 2 Haupträume des Tafelladens untergebracht. Auf der Westseite wurden die Sanitärräume, das Lager für den Tafelladen, die Garderobe und die Vorbereitungsküche, in welcher die gespendeten Lebensmittel kontrolliert und sortiert werden, realisiert. 20 21

Für den Fall, dass der Vorbereitungsraum bei Veranstaltungen im Freien mit einbezogen werden soll, ist die Nähe zum Garten und zum südlichen Eingang vorteilhaft. Das vorhandene, innenliegende Treppenhaus wurde nach Aufarbeitung in Form und Lage unverändert belassen. 1. Obergeschoss mit Funktionsschwerpunkt Begegnung Geprägt wird dieses Geschoss zum einen von der „Café-Zone“ mit Leseraum als quasi zentraler Bereich für offene Begegnungen. Angegliedert sind eine kleine Küche, ein Lager und ein Raum für spielende Kinder. Die Aufenthaltsräume des Cafés sind zur guten Belichtung nach Süden und Osten ausgerichtet und bieten die Möglichkeit für interessante, neugierige Ausblicke auf die Stadt und in den Garten. Die repräsentativen drei Räume entlang des Nordgiebels und der nach Osten anschließende Raum befinden sich in prominenter Lage zur Schulgasse und sind mit aufwändigen Täferdecken ausgestattet. Hier wird die Anlaufstelle für Integration und Lokale Agenda eingerichtet sowie verschiedene Beratungsangebote für Bürgerinnen und Bürger. Auf der Westseite sind zudem wieder Sanitärräume und das vorhandene, innenliegende Treppenhaus platziert. 2. Obergeschoss mit Funktionsschwerpunkt Fort-, Weiterbildung Die Besonderheit auf diesem Stockwerk liegt darin, dass laut Bauforschung das 2. Obergeschoss ursprünglich über keine feste Wandbildungen bzw. keine geschlossenen Räume verfügte. Die jetzt vorhandenen Wände stammen aus dem 19. Jahrhundert bzw. aus der Nachkriegszeit. Markant sind auf diesem Geschoss zudem die kräftigen Holzsäulen, deren obere, vierseitige Aussteifungen (Kopfbänder) leider in der Vergangenheit entfernt und nun mit viel Aufwand wiederhergestellt wurden. Auf dieser Etage wurden drei Seminarräume für jeweils ca. 12 bis 18 Personen und ein größerer Seminarraum für ca. 45 bis 50 Personen eingerichtet. Um den ursprünglich offenen Raumcharakter etwas aufleben zu lassen, wurden Teile der neuzeitlichen Flurwände durch Glaswände ersetzt, die nun Einblicke in das Geschehen ermöglichen. Eine kleine Teeküche, ein Lagerraum, Sanitärräume und das vorhandene, innenliegende Treppenhaus vervollständigen hier die Raumaufteilung. 1. und 2. Dachgeschoss als „Kreativbereich“ Im 1. Dachgeschoss wurden drei Räume für Vorträge, Tanzen und Theater und ähnliche kreative Tätigkeiten hergestellt. Ein Raum, der als Mal- und Bastelwerkstatt für Kinder- und Jugendliche konzipiert wurde, rundet den „Kreativbereich“ ab. Verglaste Wände versprechen auch hier interessante Einblicke. Zudem sind Nebenräume für eine kleine Teeküche, zwei Lager für Utensilien und Putzmittel für die sanitären Belange vorhanden. Das 2. galerieartige Dachgeschoss kann als Regiebereich genutzt werden und beinhaltet einen weiteren Teil der umfangreichen Haustechnik für die EDV und für die Steuerung der technischen Komponenten. Die realisierte, entwurfliche Besonderheit / Idee liegt darin, dass durch den Ausbau der Holzböden auf den Kehlbalkenebenen der Dachraum mit seiner ursprünglichen Konstruktion bis hoch zum First nun erlebbar wurde. Das Satteldach beginnt quasi am Fußboden des 1. Dachgeschosses und reicht ca. 10 m hoch. Blickt man von den „Kreativräumen“ nach oben, ergibt sich jetzt ein imposanter „etwas zeltähnlicher“ Eindruck bzw. Blick auf die Konstruktion des historischen Dachstuhls. Neuer außenliegender Aufzugs- und Treppenhausturm sowie Abstellgebäude und Freibereich Im nach Süden gelegenen Garten wurde, wie bereits ausgeführt, der neue Erschließungsturm, der die baurechtlichen Forderungen abdeckt, errichtet. Zu den Gestaltungsmerkmalen des Turms gehören die Distanz zur ehemaligen Oberschaffnei, die stegartigen Geschossanbindungen an die oberen Etagen, die diagonal gespiegelten Haupttragkonstruktionen aus zwei L-förmig ausgebildeten Mauerscheiben und der Verglasungsanteil. 22 23

Alles zusammen soll möglichst viel Ansichtsfläche der Südfassade und Durchblicke in den Garten und Umgebung erlauben. Der Unterschied zwischen alten und neuen Baugliedern wurde durch die Anbindung mit ihrem Respektsabstand und Formensprache deutlich sichtbar. Neben dem neuen Turm wurde als räumlicher Abschluss des Freibereichs zur Unterstellung für Fahrräder und Gerätschaften ein kleines, modernes Funktionsgebäude mit Dachbegrünung errichtet. Um den ehemaligen Nutzgarten möglichst variabel nutzen zu können, wurde er frei gehalten von weiteren Einbauten. Die angrenzende ehemalige Stadtmauer mit davorliegender Pflanzung, die Gartenmauer der Nachbarbebauung und das Funktionsgebäude schaffen für die Aktivitäten der zukünftigen Nutzer einen geschützten Bereich. Haustechnik Neben dem Einbau moderner Kommunikationsmöglichkeiten wurden die Schwerpunkte auf eine durchgängige, energieeffiziente LED-Beleuchtung und als Besonderheit für historische Gebäude auf eine Wandheizung auf allen Stockwerken, entlang der Außenwände, gelegt. Letzteres ermöglicht nun eine sparsame, behagliche Beheizung mittels Strahlungswärme. Bauzeit Oktober 2014 bis September 2016 Förderung Der Umbau der Oberschaffnei wird über das BundLänder-Programm „Innenentwicklung – Aktive Stadt- und Ortsteilzentren (ASP)“ im Rahmen des Sanierungsgebiets IV „Untere Stadt“ gefördert. 24 25 Gebäudeplanung, Bauleitung Architekturbüro Stemshorn GmbH Ehinger Straße 13 89077 Ulm Tragwerksplanung Bieger & Maidel Ingenieurbüro für Baustatik Bucksgässle 5 89584 Ehingen (Donau) Haustechnikplanung, Bauleitung Planungsbüro Rüdiger Sonnenstädt Hindenburgstraße 3 89584 Ehingen (Donau) mit Elektroplanung Ulm GmbH Syrlinstraße 38 89073 Ulm Bauhistorische Untersuchung Büro für Bauforschung und Baudokumentation Andrea Kuch St. Michaelsweg 13 88499 Zwiefaltendorf Brandschutzgutachten Ingenieurpartnerschaft Müller Häberlen Dehm Schillerstraße 18 89077 Ulm

Historische Bauforschung im Vorfeld der Sanierung von Andrea Kuch Die Historische Bauforschung ist ein Spezialgebiet innerhalb der Denkmalpflege. Der/die Bauforscher/in begibt sich im Vorfeld einer Sanierung auf eine Spurensuche nach der Geschichte eines Baudenkmales. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse zur ursprünglichen Baustruktur und späteren Veränderungen, zu Ausstattung und Nutzung, sowie zu verwendeten Baumaterialien, Bautechnik und konstruktiven Merkmalen sollen für Denkmalpfleger, Hausbesitzer und Architekten eine Hilfe für eine denkmalgerechte und respektvolle Planung und Umsetzung sein. Eingriffe in die historische Bausubstanz sollten grundsätzlich so wenig wie möglich und so viel wie nötig erfolgen. Neben der Grundlagenermittlung für Umbau- und Sanierungsmaßnahmen können die bauhistorischen Ergebnisse auch der wissenschaftlichen Forschung wichtige Daten zur Architekturgeschichte liefern. Je nach Bedarf werden auch Archäologen und Restauratoren hinzugezogen, um ein möglichst aussagekräftiges Untersuchungsergebnis zu erzielen. Grundlage jeder Bauforschung ist die genaue Beobachtung des Baubestandes und dessen zeichnerische und fotografische Dokumentation. Ergänzend können tiefer gehende Befunduntersuchungen und Archivrecherchen erfolgen. Sind Baudaten eines Gebäudes nicht bekannt, können Entstehungszeit und nachfolgende Baumaßnahmen durch eine dendrochronologische Untersuchung, also eine Altersbestimmung des Bauholzes, auf das Fälljahr genau ermittelt werden. Im Falle der sog. Oberschaffnei wurde auf eine dendrochronologische Untersuchung verzichtet, da die Entstehungszeit des Gebäudes als ehemaliger „ Urspringer Klosterhof“ archivalisch für das Jahr 1687 belegt ist. Ein kurzer Überblick über die Ergebnisse der Bauforschung zur sog. Oberschaffnei Das heute als Oberschaffnei bezeichnete dreigeschossige, giebelständige Gebäude mit dreigeschossigem Satteldach wurde als Klosterhof des ehemaligen Benediktinerinnenklosters Urspring 1687 erbaut und weist noch einen umfangreichen Baubestand aus seiner hochbarocken Entstehungszeit auf. Sowohl die Außenwände als auch die Innenwände des Erdgeschosses und 1. Obergeschosses sowie die Giebeldreiecke bestehen im Wesentlichen aus massivem Bruchsteinmauerwerk und sind ganzflächig verputzt. Der ursprüngliche Grundriss des Erdgeschosses und 1. Obergeschosses wurde während des über 320-jährigen Bestehens des Gebäudes kaum verändert. Konstruktiv in drei Längsschiffe gegliedert, erfolgt die Erschließung über einen mittigen Längsflur, der sich im Erdgeschoss mit einem beeindruckenden fünfjochigen Kreuzgratgewölbe und großformatigen Kalksteinplattenboden über die gesamte Hauslänge zieht (siehe Abb.01). Im 1. Obergeschoss wurde aus dem Flur am nördlichen und südlichen Ende weiterer Wohnraum ausgeschieden. Auch das im nördlichen Bereich gelegene, überwölbte Kellergeschoss, das nur etwa ein Drittel der Grundfläche einnimmt, erfuhr nur wenige Veränderungen. Alle Räume des Erdgeschosses sind überwölbt und dürften primär eine ökonomische Nutzung erfahren haben. Bei dem größten, im Südosten angeordneten Raum könnte es sich um den Speiseraum für das Gesinde gehandelt haben. 26 27 Das 1. Obergeschoss diente sicherlich in erster Linie als Wohnung des klösterlichen Hofmeisters. Nach Norden zur Schulgasse befinden sich repräsentative Räume, die mit noch gut erhaltenen, barocken Kassettendecken ausgestattet sind (siehe Abb.02). Die einstige Küche darf in dem einzig mit einem feuerfesten Tonnengewölbe überdeckten Raum vermutet werden, der südlich an den Treppenaufgang anschließt. Nach der Säkularisation im frühen 19. Jahrhundert wurden weitere Räume im 1. und 2. Obergeschoss mit Rahmenstuckdecken ausgestattet, die trotz ihrer Schlichtheit die nachfolgende Funktion des Gebäudes als Oberschaffnei der Universität Freiburg im frühen 19. Jahrhundert hervorheben. Die größten Veränderungen fanden im 2. Obergeschoss statt. Die Befundlage belegt eine einstmals offene Geschossebene, die nur durch kräftige Holzsäulen in den zwei inneren, konstruktiven Längsachsen unterteilt war. Sechs Holzsäulen sind noch nachweisbar. Ihre Kanten sind mit breiten Fasen verziert, die kopf- und fußzonig wieder in einem rechteckigen Querschnitt auslaufen (siehe Abb.03). Zugesetzte Zapfenlöcher im Kopfbereich verweisen auf eine vormals vierseitige Aussteifung der Holzsäulen durch verzapfte Kopfbänder. Abb.01 Erdgeschoss. Mittellängsflur mit fünfjochigem Kreuzgratgewölbe und historischem Kalksteinplattenboden. Abb.03 2. Obergeschoss. Kräftige Holzsäulen zeugen von einer ursprünglich offenen Geschossebene. Abb.04 2. Dachgeschoss. Querbund mit liegender Stuhlkonstruktion und vierseitig mit Kopfbändern ausgesteifter Mittelstütze. Windaussteifung in den Bundfeldern durch zwei Riegel und Andreaskreuze. Abb.02 1. Obergeschoss. Nordseitig aus dem Flur ausgeschiedener Raum mit barocker Kassettendecke. Bemalung nicht originär.

Der Einbau fester Wände dürfte stilistischen und konstruktiven Merkmalen zufolge erst nach der Säkularisation erfolgt sein. Die historische Innenausstattung des Gebäudes ist leider weitgehend verloren gegangen. Lediglich im 2. Obergeschoss zeugen noch ältere Türflügel und Türverkleidungen von den späteren Umbaumaßnahmen im ausgehenden 19. Jahrhundert. Das dreigeschossige, ganz in Nadelholz errichtete Satteldach ist in den Querbünden des 1. und 2. Dachgeschosses mit einem liegenden Stuhl konstruiert (siehe Abb.04). Der Dachraum war anfänglich nicht ausgebaut und bot reichlich Platz als Frucht- und Lagerboden. Der Einbau von Wohn- und Büroräumen im 1. Dachgeschoss dürfte frühestens in den 1920/30ern erfolgt sein. Das 2. Dachgeschoss und das 3. Dachgeschoss zeigen weitgehend noch den ursprünglichen Zustand. Würdigung Die sog. Oberschaffnei konnte trotz späterer Eingriffe einen hohen Erhaltungsgrad an historischer Bausubstanz bewahren. Als einstiger Urspringer Klosterhof ist das stattliche Gebäude ein wertvolles Zeugnis für den vormals weiten Einflussbereich des Klosters. Inmitten der Stadt gelegen, profitierte der Klosterhof von der verkehrgünstigeren Lage und genoss zugleich den Schutz innerhalb der Stadtmauern. Neben der Verwaltung der klösterlichen Güter diente das Gebäude auch als Quartier und Zufluchtsort für Klosterangehörige sowie klösterliche Untertanen. Abb.06 Oberschaffnei, Baualtersplan 1.Obergeschoss. Abb.07 Oberschaffnei, Baualtersplan Querschnitt A-A. 28 29 Abb.05 Oberschaffnei, Baualtersplan Erdgeschoss Tachymetrische Bestandsaufnahme, Genauigkeitsstufe III, Originalmaßstab 1:50.

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