Oberschaffnei Broschüre

Historische Bauforschung im Vorfeld der Sanierung von Andrea Kuch Die Historische Bauforschung ist ein Spezialgebiet innerhalb der Denkmalpflege. Der/die Bauforscher/in begibt sich im Vorfeld einer Sanierung auf eine Spurensuche nach der Geschichte eines Baudenkmales. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse zur ursprünglichen Baustruktur und späteren Veränderungen, zu Ausstattung und Nutzung, sowie zu verwendeten Baumaterialien, Bautechnik und konstruktiven Merkmalen sollen für Denkmalpfleger, Hausbesitzer und Architekten eine Hilfe für eine denkmalgerechte und respektvolle Planung und Umsetzung sein. Eingriffe in die historische Bausubstanz sollten grundsätzlich so wenig wie möglich und so viel wie nötig erfolgen. Neben der Grundlagenermittlung für Umbau- und Sanierungsmaßnahmen können die bauhistorischen Ergebnisse auch der wissenschaftlichen Forschung wichtige Daten zur Architekturgeschichte liefern. Je nach Bedarf werden auch Archäologen und Restauratoren hinzugezogen, um ein möglichst aussagekräftiges Untersuchungsergebnis zu erzielen. Grundlage jeder Bauforschung ist die genaue Beobachtung des Baubestandes und dessen zeichnerische und fotografische Dokumentation. Ergänzend können tiefer gehende Befunduntersuchungen und Archivrecherchen erfolgen. Sind Baudaten eines Gebäudes nicht bekannt, können Entstehungszeit und nachfolgende Baumaßnahmen durch eine dendrochronologische Untersuchung, also eine Altersbestimmung des Bauholzes, auf das Fälljahr genau ermittelt werden. Im Falle der sog. Oberschaffnei wurde auf eine dendrochronologische Untersuchung verzichtet, da die Entstehungszeit des Gebäudes als ehemaliger „ Urspringer Klosterhof“ archivalisch für das Jahr 1687 belegt ist. Ein kurzer Überblick über die Ergebnisse der Bauforschung zur sog. Oberschaffnei Das heute als Oberschaffnei bezeichnete dreigeschossige, giebelständige Gebäude mit dreigeschossigem Satteldach wurde als Klosterhof des ehemaligen Benediktinerinnenklosters Urspring 1687 erbaut und weist noch einen umfangreichen Baubestand aus seiner hochbarocken Entstehungszeit auf. Sowohl die Außenwände als auch die Innenwände des Erdgeschosses und 1. Obergeschosses sowie die Giebeldreiecke bestehen im Wesentlichen aus massivem Bruchsteinmauerwerk und sind ganzflächig verputzt. Der ursprüngliche Grundriss des Erdgeschosses und 1. Obergeschosses wurde während des über 320-jährigen Bestehens des Gebäudes kaum verändert. Konstruktiv in drei Längsschiffe gegliedert, erfolgt die Erschließung über einen mittigen Längsflur, der sich im Erdgeschoss mit einem beeindruckenden fünfjochigen Kreuzgratgewölbe und großformatigen Kalksteinplattenboden über die gesamte Hauslänge zieht (siehe Abb.01). Im 1. Obergeschoss wurde aus dem Flur am nördlichen und südlichen Ende weiterer Wohnraum ausgeschieden. Auch das im nördlichen Bereich gelegene, überwölbte Kellergeschoss, das nur etwa ein Drittel der Grundfläche einnimmt, erfuhr nur wenige Veränderungen. Alle Räume des Erdgeschosses sind überwölbt und dürften primär eine ökonomische Nutzung erfahren haben. Bei dem größten, im Südosten angeordneten Raum könnte es sich um den Speiseraum für das Gesinde gehandelt haben. 26 27 Das 1. Obergeschoss diente sicherlich in erster Linie als Wohnung des klösterlichen Hofmeisters. Nach Norden zur Schulgasse befinden sich repräsentative Räume, die mit noch gut erhaltenen, barocken Kassettendecken ausgestattet sind (siehe Abb.02). Die einstige Küche darf in dem einzig mit einem feuerfesten Tonnengewölbe überdeckten Raum vermutet werden, der südlich an den Treppenaufgang anschließt. Nach der Säkularisation im frühen 19. Jahrhundert wurden weitere Räume im 1. und 2. Obergeschoss mit Rahmenstuckdecken ausgestattet, die trotz ihrer Schlichtheit die nachfolgende Funktion des Gebäudes als Oberschaffnei der Universität Freiburg im frühen 19. Jahrhundert hervorheben. Die größten Veränderungen fanden im 2. Obergeschoss statt. Die Befundlage belegt eine einstmals offene Geschossebene, die nur durch kräftige Holzsäulen in den zwei inneren, konstruktiven Längsachsen unterteilt war. Sechs Holzsäulen sind noch nachweisbar. Ihre Kanten sind mit breiten Fasen verziert, die kopf- und fußzonig wieder in einem rechteckigen Querschnitt auslaufen (siehe Abb.03). Zugesetzte Zapfenlöcher im Kopfbereich verweisen auf eine vormals vierseitige Aussteifung der Holzsäulen durch verzapfte Kopfbänder. Abb.01 Erdgeschoss. Mittellängsflur mit fünfjochigem Kreuzgratgewölbe und historischem Kalksteinplattenboden. Abb.03 2. Obergeschoss. Kräftige Holzsäulen zeugen von einer ursprünglich offenen Geschossebene. Abb.04 2. Dachgeschoss. Querbund mit liegender Stuhlkonstruktion und vierseitig mit Kopfbändern ausgesteifter Mittelstütze. Windaussteifung in den Bundfeldern durch zwei Riegel und Andreaskreuze. Abb.02 1. Obergeschoss. Nordseitig aus dem Flur ausgeschiedener Raum mit barocker Kassettendecke. Bemalung nicht originär.

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