Oberschaffnei Broschüre

Grundschulklassen in der Oberschaffnei In den 1960er und anfangs der 1970er Jahren kamen vermehrt Kinder aus geburtenstarken Jahrgängen in die Schule. Dies hatte zur Folge, dass sich die Ehinger Schullandschaft zusehends veränderte. Das Gymnasium erhielt einen Neubau, im Längenfeld entstand eine neue Grund- und Hauptschule und aus der Michel-BuckSchule wurden Klassen in die Tränkbergschule (heute Städtische Galerie im Speth´schen Hof) und etwas später auch in die Oberschaffnei ausgelagert. Auch aus den Universitäten und Pädagogischen Hochschulen kamen viele Absolventen in die Schulen und mussten mit Klassen und Unterrichtsstunden „versorgt“ werden. So stand auch ich am 11. September 1972 zusammen mit weiteren Kolleginnen im Rektorat der Michel-BuckSchule vor dem damaligen Rektor Schaude. Er teilte uns mit, dass aufgrund der großen Schülerzahlen bereits Klassen im Tränkberg unterrichtet werden und jetzt noch weitere 4 in die Oberschaffnei müssen. Wir warteten gespannt darauf, welche Klasse uns zugeteilt wurde und wer mit seiner Klasse in der Oberschaffnei beginnen durfte. Für jede meiner Kolleginnen fand sich sofort eine Klasse, nur für mich blieb nichts mehr übrig. Jetzt war guter Rat teuer. Man konnte mich ja nicht wieder wegschicken oder in eine andere Schule versetzen. Nach langem hin und her wurde festgestellt, dass die Klassenstärke der aktuellen 2. Klassen gegen Deshalb brauchte man für einen Discobesuch gute Referenzen, so wie für alles Neue, was sich die Eltern nicht selbst ausgedacht hatten. Eine hervorragende Referenz waren die Kinder des Kinderarztes, die bei der Einrichtung und Ausschmückung der Disco mitgeholfen hatten. Ein Anruf der Mutter bei der Mutter der Kinder des Kinderarztes tat seine beruhigende Wirkung. Ich war nun fünfzehn und gehörte endlich dazu. Die Gabis dieser Welt hatten nun nichts mehr zu sagen, die saßen zuhause und büffelten Lateinvokabeln, während wir in der Disco im Schneidersitz in den Fensternischen unsere Zigaretten drehten und wussten, dass man dieser schrecklichen Welt mit Krieg in Vietnam und Repressionen überall nur mit Liebe begegnen konnte. Und verliebt waren wir sowieso immer: „Make love not war“, und das Küssen war unsere Waffe gegen Krieg und Unterdrückung – besser noch als „Amnesty“. Joan Baez sang „Sagt mir wo die Blumen sind“ und Bob Dylan „Blowin‘ in the wind“. Dann flippten wir mit wilden Kopfbewegungen zu Songs wie „In a gadda da vida“. Janis Joplin, Jimi Hendrix und Jim Morrison waren gestorben, und der Tod war etwas sehr Geheimnisvolles, mit dem man spielen konnte, wenn man Drogen nahm. Wir schauten „Woodstock“, den Film, an und hatten unsere eigene Welt in diesem Gewölbe der Oberschaffnei, 40 tendierte. Also beschloss die Schulleitung, dass aus den bestehenden Klassen eine weitere zu bilden sei und dass ich diese in der Oberschaffnei unterrichten solle. Am darauffolgenden 1. Schultag – es war Mittwoch, der 13. September 1972 – wurden zwei ältere Kolleginnen beauftragt, mir eine Klasse zusammenzustellen. Also gingen sie mit mir in die jeweiligen Klassenzimmer und wählten Kinder (nach welchen Gesichtspunkten auch immer) aus. Am Schluss stand ich mit 34, zum größten Teil heftig weinenden Kindern im Flur und machte mich dann mit ihnen auf den Weg in die Oberschaffnei, in der die 3 anderen Klassen ihre Zimmer bereits bezogen hatten. Meines Wissens wurden die Eltern über diesen Vorgang weder vorab noch im Nachhinein benachrichtigt – ein im heutigen Schulalltag nicht vorstellbarer Ablauf. In der neuen Schule wurden wir vom dortigen Hausmeister, Herrn Mak, begrüßt und mit der neuen Umgebung vertraut gemacht. Am Ende des ersten Schultags mussten die Kinder dann von hier aus ihren Heimweg größtenteils allein antreten. In unserem neuen Schulhaus waren im Erdgeschoss die Städtische Bücherei, im 1. Stock zwei Klassen (Frau Schmid und ich) sowie die Hausmeisterwohnung und im 2. Stock zwei weitere Klassen (Frau Kehrer und Herr Gulde) untergebracht. Ein Jahr später wurde Herr Gulde versetzt, und Frau Lang kam hinzu. 42 43 eine Welt, in der wir nie einen Erwachsenen gesehen hatten. Für ein paar Jahre waren wir sehr stark. Aus den Gabis sind dann nach diversen Lebenskrisen ganz gelassene Mütter geworden, die ihre Kinder mit einem gesunden Maß an Zuversicht großzogen. Ich wiederum habe die Panikanfälle meiner Mutter geerbt. Nun hieß das auslösende Wort nicht mehr „Disco“, sondern „Bude“! Anne Hagenmeyer Anmerkung: Die Namen der Schülerinnen sind geändert und durch typische Mädchennamen meiner Generation ersetzt.

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