Alle Klassenzimmer waren recht klein, spartanisch ausgestattet und traditionell möbliert. Die Kinder hatten deshalb recht wenig Bewegungsmöglichkeiten. Außer Schreib- und Sitzgelegenheiten sowie einer Tafel war nichts vorhanden, weder Ablagemöglichkeiten noch die Möglichkeiten, Bilder aufzuhängen oder eine Vorrichtung zur Verdunklung. In einem Klassenzimmer, einer ehemaligen Küche, waren noch Spülbecken und Geschirrschränke montiert. Unterrichtsmaterialien waren keine vorhanden, wir hätten aber auch gar keinen Raum dafür gehabt. Alles musste deshalb rechtzeitig in der „Mutterschule“ besorgt und selbst wieder dorthin transportiert werden. In unserem Klassenzimmer stand ein alter Ölofen, der in der kühlen Jahreszeit jeden Morgen von Herrn Mak betankt und angeheizt werden musste. Erlosch zwischenzeitlich das Feuer oder ging das Öl aus, mussten wir oft selbst Hand anlegen, denn Herr Mak war auch noch Hufschmied und in dieser Angelegenheit öfter unterwegs. Den Lehrern selbst stand noch ein kleines Lehrerzimmer zur Verfügung, das war’s. In den ersten Wochen und Monaten hatten wir praktisch keine Verbindung zur Michel-Buck-Schule. Informationen erhielten wir nur durch Fachlehrer, die für ihren Unterricht von der „Mutterschule“ zu uns kommen mussten, oder wenn einer von uns Lehrern „oben“ etwas besorgen musste. Wir lebten dort zu Beginn eigentlich wie auf einer kleinen Insel. Dies hatte aber auch zur Folge, dass Informationen wie „hitzefrei“ oder Terminvorgaben bei uns nicht oder zu spät ankamen. Dieser Missstand wurde dann später behoben. Ein Telefon wurde installiert, und ich musste dann jeden Tag im Rektorat anrufen und mich informieren. Auch wenn jemand von uns Lehrern erkrankte, mussten wir mit der Situation selbst zurechtkommen. Eine Kollegin oder ein Kollege betreute dann durchaus mehrere Tage zwei Klassen mit zusammen fast 70 Kindern. Ungewollt fortschrittlich waren wir, was den Stundentakt betraf. Wir hatten keine Uhr und keine Pausenklingel. Somit konnten wir den Takt der Unterrichtsstunden, die Pausen und auch das Ende des Vormittags sehr flexibel gestalten, was an Markttagen schon von Vorteil war. Ein kleiner Pausenhof stand uns auch zur Verfügung – die kleine Passage zwischen Schulgasse und „Zitronengässle“. In der großen Pause hielten sich dort oft mehr als 100 Kinder auf. An Toben und Rennen war eigentlich nicht zu denken. Abgesperrt wurde dieser Hof zur Schulgasse hin noch zusätzlich mit einem Baustellenband. Insgesamt waren wir 5 Jahre – vom Schuljahr 1972/73 bis 1978/79 – in der Oberschaffnei untergebracht. Dann wurde die Außenstelle aufgrund zurückgehender Schülerzahlen wieder aufgelöst. Willi Hungenberg 44 45 Zum Kriegsende in der Oberschaffnei Bekanntlich war die Oberschaffnei während des Dritten Reiches von NS-Gliederungen belegt. Doch auch ein Stadtpolizist namens Funk, der dem Bürgermeister unterstellt war, hatte dorthin manchen dienstlichen Gang zu tun. Er trug wohl eine grüne Uniform, vielleicht in den Tagen nach dem Umsturz auch eine blaue. Jedenfalls hatten die NS-Funktionäre wenige Tage vor der Kapitulation die Oberschaffnei Richtung Allgäu verlassen, und die französischen Soldaten besetzten nach ihrem Einmarsch das Gebäude. Doch auch zu diesen neuen Herren hatte der Stadtpolizist wenige Tage nach deren Beschlagnahmung des Hauses einen Dienstgang zu erledigen. Als er die Wachstube gleich rechts neben dem Eingang betrat, wo sich nun eine Gruppe französischer Soldaten aufhielt, nahm er wie gewohnt diensteifrig Haltung an, schlug die Hacken zusammen und grüßte mit erhobenem rechtem Arm, eben so, wie er bisher zu grüßen hatte. Doch ehe er angesichts der französischen Trikolore, die statt der Hakenkreuzfahne nun in dem Raum hing, selber sein Missgeschick erkannte, hatten ihn die Franzosen schon verdroschen. Offensichtlich war er von da an „umerzogen“, denn von einem weiteren falschen Gruß und einer darauf folgenden Prügelei war nicht mehr die Rede. mündlich überliefert und nacherzählt von Johannes Lang
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