Oberschaffnei Broschüre

Musikunterricht Zum Ende meiner Studienzeit wurde ich im Juli 1995 zu einem Vorstellungsgespräch in die Oberschaffnei Ehingen eingeladen. An einem warmen Sommertag betrat ich das alte Gemäuer, es war schön kühl und den Geruch nach feuchter Kälte und Stein habe ich noch heute in der Nase. Es ging die knarzenden Treppen hoch in den ersten Stock. Kurze Zeit später war klar, dass ich nach den Sommerferien als Lehrkraft in den Fächern Musikgarten, Musikalische Früherziehung und Akkordeon in der Oberschaffnei unterrichten würde. In der Sommerzeit war es im Unterrichtsraum äußerst angenehm, denn die dicken Mauern ließen die Wärme von draußen auch draußen. Nachdem der Herbst vorüber ging und der Winter sich ankündigte, schmiss der Hausmeister den Ölofen an. War der Ofen erst einmal in Betrieb, lief er auf Hochtouren – unermüdlich. Im Musikunterricht mit Kleinkindern ist das Thema „Bewegung“ Programm und so sparte ich mir so manche Stunde im Fitnessstudio – denn selbst im Winter lief der Schweiß im überheizten Unterrichtsraum gratis. Unvergessen bleibt auch der Startschuss zum ersten Ehinger Musiksommer. Die Erfolgsgeschichte des Ehinger Musiksommers begann im Jahre 1996. 1000 Jahre Österreich war der Anlass für die Stadt Ehingen, die selbst zum ehemaligen Vorderösterreich gehörte, u. a. mit Komponisten, Interpreten und Gästen aus dem Nachbarland gemeinsam einen Musiksommer zu gestalten. Eine der Aufführungsstätten war die Oberschaffnei, in der die erste Ehinger Musiknacht mit Weinlaube und Schrammelmusik stattfand. Im Jahr 2000 stand der Umzug in das frisch restaurierte und renovierte Kulturzentrum Franziskanerkloster an. Es war nicht schwierig, sich an intakte Heizungen und funktionierende Klospülungen zu gewöhnen. Trotz allem bleibt mir die Zeit in der Oberschaffnei unvergessen, begann dort doch meine gemeinsame Musikschulzeit mit vielen tollen Kindern, Eltern und einem netten Musikschulkollegium! Sabine Kruspel Lehrerin an der Musikschule der Stadt Ehingen Der Geigenraum war im Erdgeschoss gelegen, und zwar ganz hinten rechts. Nachdem ich das große, schwere Eingangstor aufbekommen hatte – das ging nur mit Dranlehnen – führte mein Weg über beeindruckend große und unebene Steinplatten nach hinten. Diese massiven Platten erweckten so gar nicht den Eindruck, dass man sich schon in einem Innenraum befand. Der Gang war immer kühl und wirkte ohne Tageslicht wenig einladend. Ich wunderte mich außerdem, dass sich dort, am anderen Ende des Mittelflurs, gegenüber des großen Eingangstors zur Schulgasse, noch solch ein großes Tor befand. Wohin es führte, war mir unklar, denn durch die Fenster aus dem Geigenunterrichtszimmer daneben konnte man nur grünes Dickicht erkennen. Logisch also, dass das Tor immer verschlossen war. Überhaupt nahm ich die Oberschaffnei nun ganz anders wahr. Oben, im Flötenzimmer, war alles hell, luftig und geräumig. Das deutlich kleinere Zimmer im Erdgeschoss hingegen wirkte immer dunkel, feucht und etwas muffig. Vom Boden kroch im Winter die Kälte hoch, die zwei Nachtspeicheröfen unter den Fenstern waren zwar heiß, aber der Raum doch oft kühl. Mein erster Geigenlehrer, Herr Speck, hat die Luftfeuchtigkeit gemessen und hin und wieder ein Entfeuchtungsgerät aufgestellt. Und Frau Tappe trug meistens Pulswärmer oder auch Fingerhandschuhe ohne Kuppen, um ihre Hände warm und die Finger geläufig zu halten. Ebenfalls im Erdgeschoss, etwa gegenüber der Treppe, befand sich ein weiterer großer Raum. Das war der Vorspielraum – groß, langgestreckt, mit einem Gewölbe, Publikumsbestuhlung und einer bühnenartigen Erhöhung. Dort gaben wir halbjährlich ein Klassenkonzert und spielten allein, zu zweit oder in Gruppen unsere lange zuvor einstudierten Stücke. Alle Geigenschüler versammelten sich dann zuerst im eigentlichen Unterrichtszimmer, packten ihre Instrumente aus, und festlich gekleidet setzten wir uns in die vorderste Reihe, wo wir etwas aufgeregt auf unseren Auftritt warteten. Später, als die Lindenhalle gebaut war, fanden diese Klassenvorspiele dort im Kleinen Saal statt. Und schließlich erinnere ich mich auch noch ganz gut an die hellgelbe Fassade mit den Quadersteinen an den Ecken und dem wegen Feuchtigkeit abblätternden Putz. Denn vor dieser Fassade stand ich mit meiner Geige oft sehr lange und wartete auf meinen Vater, der mich abholen sollte, aber so vielen Aktivitäten nachging, dass er fast immer zu spät kam – oder es darüber vielleicht auch vergessen hatte? Über meine gesamte Schulzeit hinweg war der Charme der Oberschaffnei für mich etwas Besonderes. Gundula Lang 52 53

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