Oberschaffnei Broschüre

14 15 für den Unterricht drei Orgeln zur Verfügung gestellt werden. 1949 wurde die Schule nach Rottenburg verlegt und existiert dort heute als Hochschule für Kirchenmusik der Diözese Rottenburg-Stuttgart. Sitz der Kreisleitung der NSDAP Das vorläufige Ende der Oberschaffnei als Schulgebäude kam schnell und für die Beteiligten überraschend. Im Herbst 1937 gelangte Kreisleiter Zirn (1892-1943) zu der Überzeugung, dass die bisher genutzten Räumlichkeiten im Hopfenhaus für die zahlreichen Abteilungen der Kreisleitung der NSDAP nicht ausreichend seien. Nach einem ersten Vorstoß bei Bürgermeister Dr. Henger, der offenbar kein Ergebnis brachte, erschien er wenige Tage später am 23. September persönlich im Gemeinderat mit der Forderung, hierfür das Oberschaffneigebäude zur Verfügung zu stellen. Den bisherigen Nutzern, Kirchenmusikschule und Frauenarbeitsschule sowie den Lehrschwestern der Handarbeitsschule, solle umgehend gekündigt werden. Bürgermeister Dr. Henger erklärte sich hierzu grundsätzlich bereit, äußerte aber Bedenken wegen der kurzen Frist für die geplante Änderung. Außerdem verwies er auf den Umstand, dass für notwendige bauliche Maßnahmen im städtischen Haushalt keine Mittel vorgesehen seien. Da Zirn dessen ungeachtet darauf bestand, dass das Gebäude am 1. November zur Verfügung gestellt werde, mussten die bisherigen Nutzer ihre Räume abgeben. Daran hat auch ein Schreiben von Superior Dieterich an Bürgermeister Dr. Henger nichts mehr geändert, in dem er auf die vielfältigen und langjährigen Leistungen der Sießener Ordensschwestern im Schulwesen der Stadt hingewiesen hat. Die Oberschaffnei wurde dann bis Kriegsende von der Kreisleitung der NSDAP und ihren Dienststellen genutzt. In der Folgezeit stellte die Stadt der Fortbildungsschule die ehemalige evangelische Volksschule, in der heutigen städtischen Galerie, als Ausweichquartier zur Verfügung. Dass es den neuen Machthabern aber auch um die Ausschaltung unliebsamer Konkurrenz ging, lässt sich daran ablesen, dass am 21. März 1939 die seit 1931 bestehende kaufmännische Abteilung (Abt. Handelsfach) der privaten Fortbildungsschule durch Erlass des Kultministers geschlossen werden musste. Die durchschnittlich 20 bis 25 Schülerinnen sollten künftig auf die gewerbliche und kaufmännische Berufsschule ausweichen. 1940 musste dann auch das Schulgebäude dem weiblichen Arbeitsdienst zur Verfügung gestellt werden. Weitere Lehrtätigkeit der Schwestern wurde unterbunden. Sitz der Stadtverwaltung Nach dem Einmarsch der amerikanischen Truppen, der endgültig am Morgen des 23. April 1945 erfolgte, musste das Rathaus geräumt werden. Bürgermeister und Teile der städtischen Verwaltung wichen in die Oberschaffnei aus. Nach der Ablösung der amerikanischen durch französische Truppen wurde deren Gouvernement im Rathaus untergebracht, bis dieses unter dem Gouverneur Noutary im September 1945 in das Haus Bottenschein verlegt wurde. Das Rathaus blieb aber weiterhin von den Besatzungsbehörden blockiert, und noch im November 1947 entschloss sich der Rat den Dachboden der Oberschaffnei ausbauen zu lassen, wodurch drei weitere Schulsäle gewonnen werden konnten. Für den Fall, dass später das Rathaus wieder frei, also die Verwaltung wieder dorthin umgezogen sei, sollten hier die Mädchenklassen der Volksschule einschließlich der Handarbeitsschule untergebracht werden. Erst zum 1. Dezember 1949 wurde das Rathaus von der französischen Besatzungsmacht freigegeben, sodass die städtischen Verwaltungsbehörden wieder an ihren angestammten Platz zurückkehren und die Oberschaffnei räumen konnten. Frauenarbeitsschule In der Zwischenzeit war die Frauenarbeitsschule bereits 1946, zunächst im alten Finanzamt auf dem Gänsberg (Gänsberg 3), als staatlich genehmigte Schule wiedereröffnet worden. Leitung und Lehrerinnen der Schule kamen vom Kloster Sießen, wobei auch die Schwestern vorübergehend im alten Finanzamt wohnten. Nach Räumung der Oberschaffnei konnten sie an Neujahr 1950 wieder in ihr altes Domizil einziehen. Aber noch im Adressbuch des Jahres 1950 findet man unter der Schulgasse 21 die Stadtverwaltung sowie das städtische Wohnungsamt. Ab dem Frühjahr 1955 konnte zum bisherigen Handarbeitsunterricht der bisher zur vollausgebauten Frauenarbeitsschule noch fehlende, hauswirtschaftliche Unterrichtsteil angeboten werden. Da damals auch die bisher von der katholischen Volksschule benötigten Räume frei wurden, konnte die Hauswirtschaftsschule in die Oberschaffnei, ins Obergeschoss, einziehen. 1966 erfolgte die staatliche Anerkennung der Frauenarbeits- und Haushaltungsschule. Im Dezember 1971 beschloss der Generalrat im Mutterhaus Sießen, die sechs noch in Ehingen tätigen Schwestern wegen Personalmangels abzuberufen. Ihre feierliche Verabschiedung erfolgte am 23. Juli 1972. Gleichzeitig wurde nun die städtische Frauenarbeitsschule aufgelöst. Die Hauswirtschaftliche Berufsfachschule (Haushaltungsschule) wurde künftig von der damaligen Kreisberufsschule übernommen. Abend- und Tagesnähkurse wurden von privater Seite weitergeführt. Außerdem hatte auch das Gymnasium seine Schülerinnen bisher in die Oberschaffnei zum Handarbeitsunterricht geschickt. Wechselnde Nutzungen In der Folgezeit wurde das Gebäude von verschiedenen Einrichtungen der Stadt Ehingen genutzt. So war die Stadtbücherei über lange Jahre hier untergebracht. Nach ihrer Eröffnung am 2. Februar 1947 im Amtsgericht am Marktplatz, musste sie diese Räume bald räumen und fand zunächst im Erdgeschoss der Oberschaffnei Unterschlupf. 1978 wechselte sie in den ersten Stock, in die ehemalige Hauskapelle, bevor sie 1985 ein eigenes Gebäude am Burghof beziehen konnte. Die 1969 gegründete seinerzeitige Städtische Jugendmusikschule war nach ersten Jahren in der Michel-Buck-Schule seit 1972 in der Oberschaffnei untergebracht. Mit der Fertigstellung der Räumlichkeiten im ehemaligen Franziskanerkloster bei der Liebfrauenkirche, fand sie dort ab dem Jahr 2000 eine neue Unterkunft. (Der vollständige Aufsatz mit den zugehörigen Quellenverweisen wird in den „Beiträgen zur Geschichte der Stadt Ehingen“ 2016 erscheinen.)

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