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Kriegerdenkmal am Groggensee

von Ludwig Ohngemach

Nachdem es bereits seit dem Ende des Weltkrieges 1918 auch in Ehingen immer wieder Bestrebungen gegeben hatte, für die Gefallenen und Vermißten ein Denkmal zu errichten, lebte gegen Ende des Jahres 1928 diese Diskussion wieder auf.[1] Im Oktober 1928 war dies auch Thema einer kurzen namentlich nicht gezeichneten Betrachtung, die auf der Ehinger Lokalseite im "Volksfreund für Oberschwaben" erschien.[2] Dort war u. a. zu entnehmen, daß eine Realisierung bis zu diesem Zeitpunkt vor allem an der Finanzierung gescheitert war. Mit Hilfe einer Sammlung sollte nun zumindest ein Teil der benötigten Mittel aufgebracht werden.

Quellen:

[1] VfO 1925 Okt. 16; 1925 Okt. 22; Vorschlag für eine 7-8 m hohen Pyramide neben dem Wolfertturm.

[2] VfO 1928 Okt. 20.

Quellen:

[3] VfO 1928 Okt. 27. Im Rahmen derartiger "Rundfragen" wurden die Leser damals hin und wieder aufgefordert ihre Meinung zu mehr oder weniger wichtigen Fragen zu äußern. So war zuvor das Für und Wider des "Bubikopfes" erörtert worden. Vgl. VfO 1928 Nov. 8; 1928 Nov. 17.

[4] Dr. Hans Henger (1886-1952), Stadtschultheiß bzw. Bürgermeister 1926-1946

[5] VfO 1929 Apr. 4; 1929 März 9; 1929 März 10. Es handelte sich dabei um Ausführungen, die er bereits am 4. März vor dem Gemeinderat gemacht hatte.

[6]  VfO 1929 März 13; 1929 März 17.

[7] Karl Flügel, Zeichenlehrer, Studienrat in Ehingen 1922-1939. Vgl. Ulmer Tagblatt/ Ulmer Sturm 1939 Nov. 16.

[8] Die Vermutung liegt nahe, daß Dr. Henger das Ehrenmal kannte, zumal dieses erst im September des Vorjahres 1928 eingeweiht worden war. Vgl. Chronik des Standorts Lahr. o. O. 1942 S.39f. Die Angaben zum Lahrer Ehrenmals wurden mir dankenswerterweise von Frau Stadtarchivarin G. Bohnert, Stadtarchiv Lahr, zur Verfügung gestellt. Schreiben v. 20.10.1992.

[9] StadtA, AltReg. 365.0. n7, 8, 1933 Aug. 10/ 11.- Das Denkmal am alten Lahrer Bahnhofsplatz mußte im Juli 1974 einem Autobahnzubringer weichen.- Zu Franz Sieferle, SONDZEICHEN 42 \f "Symbol" 4. Okt. 1875 in Lahr, † 1957, Vgl. Thieme/ Becker 30 S.595; Vollmer, Hans (Hg.), Allgemeines Lexikon der bildenden Künstler des 20.Jahrhunderts. 1-6. Leipzig 1953-1962, 4 S.277.- Droop, Marie Luise, Franz Sieferle zum Gedenken. Geroldsecker Land 1, 1958/ 59 S.119ff.

[10]  StadtA, AltReg. 365.0. n1-3, 1928 Okt. 23, 1928 Dez. 9, 1933 Juli 6.

[11] Albert Pfeffer (1873-1937), Pfarrer, Vorstand des Kunstvereins der Diözese Rottenburg ab 1927.

[12] VfO 1929 Mai 8

[13] GRP 1929 Juni 20 S.76f § 15.

[14]  VfO 1929 Mai 14.

[15] GRP 1929 Juni 20 S.76f § 15.

[16] GRP 1929 Juli 11 S.78ff § 1.

[17] GRP 1929 Aug. 1 S.96f § 10.

[18] GRP 1930 Apr. 16 S.69ff § 6; 1930 Okt. 9 S.150ff § 6, § 11.

[19] GRP 1930 Mai 1 S.77 § 1.

[20] GRP 1931 Okt. 8 S.220f § 12.

Der zweite Anlauf

An diesem Stand der Dinge änderte sich in den nachfolgenden Jahren nichts mehr. Erst im Sommer 1933 griff Bürgermeister Dr. Henger sein altes Anliegen wie es heißt, mit der zuversichtlichen Hoffnung wieder auf, die Denkmalfrage nun doch noch regeln zu können. Er schlug dem Gemeinderat vor, dem Denkmal die Gestalt eines großen Löwen zu geben. Er stellte also erneut den Entwurf Sieferles aus dem Jahre 1928 zur Diskussion.[21] Für die Figur rechnete man mit Kosten in Höhe von 6000 Mark, während die Realisierung des Sockelaufbaues mit 2000 Mark veranschlagt wurde. Zur Finanzierung sollten auch die seinerzeit bei der Sammlung aufgebrachten Mittel von etwa 11 000 Mark verwendet werden. Außerdem war vorgesehen, daß die Stadtgemeinde Baumaterialien zur Verfügung stelle.

Hinsichtlich des Aufstellungsplatzes hatte man sich offenbar bereits in der ersten Jahreshälfte 1933 endgültig auf das Gelände am Krockensee festgelegt.[22]

Der Vorschlag Dr. Hengers wurde angenommen und die weiteren Vorbereitungen einer Kommission des Gemeinderates sowie dem Stadtbaumeister Kurz[23] übertragen. Als weiterer Sachverständiger sollte ein Ehinger Bildhauer mitwirken.[24]

Bereits Mitte August machten sie sich auf die Reise nach Lahr um das dortige Denkmal zu besichtigen.[25] Dieses war im September 1928 eingeweiht worden. Es zeigte einen mächtigen Löwen auf einem Sockel und stammte ebenfalls von Franz Sieferle.

Nach dem Besuch der Gemeinderäte in Lahr lieferte Sieferle am 17. August sein Angebot. Demzufolge sollte der Löwe, unter Verwendung Kaiserstühler Marmors als Vorsatzmaterial 6000 Reichsmark kosten. Fundament und Sockel sowie ein Schutzdach über die Baustelle hatte die Stadt zu stellen. Weiterhin verpflichtete sich Sieferle die Ehinger Bildhauer Dangelmaier, Vater und Sohn, zu beschäftigen.[26]

Sieferle mußte allerdings nochmals um seinen Auftrag bangen. Auf der Rückfahrt von Lahr hatten die Gemeinderäte ein entsprechendes Denkmal von Prof. Liebich[27] in Gutach gesehen, das ihnen offenbar noch mehr zusagte. In einem Brief an Sieferle berichtet Dr. Henger, daß es seiner "ganze[n] Überredungskunst" bedürft habe, damit sich nicht alle Herren vom Lahrer Löwenprojekt abgewandt hätten. Schließlich begnügten sich die Ehinger Gemeinderäte, Prof. Liebich aufzufordern, einen Vorschlag zur Anbringung von Reliefs am Denkmalsockel zu machen. Tatsächlich war Sieferle bereit, das Denkmal in der nun von Henger vorgeschlagenen Weise auszuführen.[28] Um seine Chancen zu wahren, müsse Sieferle, so schrieb Dr. Henger, Zugeständnisse beim Preis hinnehmen, d. h. für Denkmal und Sockel sollten nicht mehr als 5000 Reichsmark ausgegeben werden.[29]

Am 5. September 1933 erhielt Franz Sieferle die Nachricht aus Ehingen, daß er nunmehr den Auftrag erhalten habe. Freilich hatte er sich zuvor nochmals mit einer Preisreduzierung abfinden müssen, sodaß der Löwe nunmehr für 4800 RM zu erstellen war.[30]

Quellen:

[21] Vgl. StadtA, AltReg. 365.0. n3-4 1933 Juli 6; 1933 Juli 11.

[22] StadtA, Alt.Reg. 365.0. n5/ 5a 1933 Juli 24, Nachtrag zum Pachtvertrag. Die Stadt erhält das Einverständnis vom Grundeigentümer, der Deutschen Reichsbahn, auf dem von ihr gepachteten Gelände im Krockental das Kriegerdenkmal zu errichten

[23] Adolf Kurz (1887-1962), Stadtbaumeister in Ehingen 1926-1952.

[24] Der nicht benötigte Rest des Fonds war für einen Brunnen zu Ehren des hl.Theodul vorgesehen. GRP 1933 Aug. 10 S.152 § 15.- StadtA, AltReg. 365.0. n6 1933 Juni 25.

[25] GRP 1933 Okt. 4 S.195 § 3

[26] StadtA, AltReg. 365.0. n9, 1933 Aug. 17.- Johann Dangelmaier, Bildhauer (1884-1956.- Karl Eugen Dangelmaier, Bildhauer (1912-1994).

[27] Curt Liebich, Maler, Bildhauer, Illustrator, Radierer SONDZEICHEN 42 \f "Symbol" 1868 in Wesel, lebte in Gutach. Von ihm stammt eine ganze Reihe von Kriegerdenkmälern im südwestdeutschen Raum. Vgl. Thieme/ Becker 23 S.202.

[28] StadtA, AltReg. 365.0. n12, 1933 Aug. 26.

[29] StadtA, AltReg. 365.0. 1933 Aug. 25.

[30] StadtA, AltReg. 365.0. n13, 1933 Sept. 5.

Die Bauarbeiten am Denkmal und die Ablösung Franz Sieferles durch Kunstbildhauer Frey

Die Bauarbeiten begannen offenbar recht zügig. Am 22. September konnte der Gemeinderat einen ersten Bericht über die bisher erreichten Fortschritte entgegennehmen. Demnach war der Auftrag zur Errichtung des Sockels bereits vergeben worden. Daneben hatten man Verhandlungen über die Beschaffung der benötigten Baumaterialien aufgenommen. Die Firma Portlandzement hatte zugesagt, 300 Sack Zement gratis zu liefern. Weitere 300 Sack wollte sie zum Großhandelspreis abgeben.[31]

Die Arbeiten kamen so gut voran, daß man von seiten der Stadt eher bremste, hatte man doch einen Einweihungstermin erst für das folgende Jahr ins Auge gefaßt.  Im Oktober führte dann Bürgermeister Dr. Henger plötzlich einen weiteren Sachverständigen ein, einen Kunstbildhauer Frey aus Stuttgart.[32] Wer oder was zu dieser Maßnahme Veranlassung gegeben hat, wird aus den schriftlichen Quellen nicht deutlich.[33] Auch die gesamte weitere Entwicklung ist aus der erhaltenen Aktenlage nicht eindeutig zu erhellen. Es scheint, daß Bildhauer Frey aus Stuttgart über Parteikanäle die weitere Mitwirkung von Sieferle unterbunden hat. Dabei könnte auch eine Rolle gespielt haben, daß dieser Badener war. Nach einem Bericht des Bürgermeisters vor dem Gemeinderat führte Frey anatomische Fehler am Löwen ins Feld. Bereits in der gleichen Sitzung am 23. November nahm man in Aussicht, Frey mit der Beseitigung dieser Mängel sowie der Fertigstellung des Denkmals zu beauftragen.[34] Sieferle versuchte sich gegen seine Kaltstellung zu wehren. Doch selbst die Einschaltung mehrerer Parteifunktionäre konnte an den getroffenen Entscheidungen nichts mehr ändern. Noch Ende Januar 1934 besprach Sieferle die Angelegenheit mit dem Landesleiter der Reichskammer der bildenden Künste für Baden und der Pfalz.[35]

Für die Stadt freilich ging es seit November 1933 nur noch darum, sich mit Franz Sieferle über eine angemessene Entschädigung für seine Arbeit zu einigen. Sieferle dagegen wollte noch Ende Januar 1934 - sofern ihm der Aufenthalt in Ehingen vom Bezirksamt nicht polizeilich verboten werde - sein Denkmal fertigstellen. Nachdem er sich schließlich mit einer Abfindung zufrieden gab, schloß man mit Kunstbildhauer Frey einen Werkvertrag, demzufolge er das Kriegerdenkmal nach einem eingereichten zweiten Modell fertigstellen sollte. Nunmehr rechnete man nach einem Kostenvoranschlag des Stadtbauamtes mit Kosten von 12 500 Mark.[36]

Interessant sind die Konstruktionshinweise, die beim Abbruch des Lahrer Denkmals gewonnen werden konnten und die im wesentlichen auch auf den Ehinger Löwen zutreffen. Demnach hat Sieferle auf den Sockel zunächst ein Gerüst aus Eisenträgern aufgebaut. Dieses bereitete er in seinem Lahrer Atelier vor und ließ es per Eisenbahn nach Ehingen schaffen. Das Gerüst wurde mit Steinen und Zementmörtel gefüllt in der Art, daß sich der grobe Umriß eines Löwen ergab. Auf diesen Unterbau wurde nun eine etwa 10 cm dicke Mörtelmasse aufgetragen, aus der er die Details des Löwenkörpers herausmodellierte.[37]

Quellen:

[31] GRP 1933 Sept. 22 S.176f § 4.

[32] Gemeint ist wohl der Kunstbildhauer Eugen Frey. Er lebte in den 1930er und 40er Jahren nachweislich in Stuttgart und war mit seinen Werken auf der Großen Deutschen Kunstausstellung 1941 in München vertreten. Freundliche Mitteilung von Frau Machon, StadtA Stuttgart v. 1.10.1998.

[33] StadtA, AltReg. 365.0. n18, 1933 Okt. 18.

[34] GRP 1933 Nov. 23 S.214f § 1.

[35] Anläßlich eines Besuches von Sieferle in Ehingen muß es zu "Zwischenfällen" (Sieferle) bzw. "Vorkommnissen" gekommen sein, die aber nirgends näher thematisiert werden. Sowohl von städtisch-ehingischer Seite wie von seiten Sieferles wurde Wert darauf gelegt, daß diese nicht publik würden. Vgl. Briefe StadtA, AltReg. 365.0. n19 (Sieferle). n21 (Henger); n20; 22-25.

[36] GRP 1934 März 19 S.63 § 1-3.

[37] StadtA, AltReg. 365.0. n14 1933 Sept. 10; n16 1933 Okt. 8; n18 1933 Okt. 18. Vgl. Aktennotiz im Stadtarchiv Lahr v. 21. Jan. 1991.

Einweihung

Die Arbeiten im Krockental, die von der Lokalpresse mit großem Interesse verfolgt wurden, kamen offenbar rasch voran.[38] Und bereits am 1. Juli 1934 konnte das Denkmal eingeweiht werden. Am Morgen fand in beiden Kirchen ein Festgottesdienst statt, dessen Besuch Bestandteil der Dienstordnung der NSKOV[39] Ortsgruppe Ehingen war. Danach schloß sich die Weihe der Fahnen des Kyffhäuserbundes[40] in der Festhalle an. Und daneben auf dem Lindenplatz stellte sich danach auch der Festzug auf, der sich über den Marktplatz, durch die heutige obere Hauptstraße zum Schmiechgraben bewegte. Die Marschfolge war folgendermaßen festgelegt: Hitlerjugend, SA-Ehrensturm, SA-Reserve, SS und Motor-SS, Fliegergruppe, Parteiorganisation, zivile Parteigenossen, Musikkapelle, Bürgerwache, Kriegerverein und Militärverein. Am neuen Denkmal waren mehrere Ansprachen vorgesehen, u. a. von Kunstbildhauer Frey aus Stuttgart, der "als Erbauer des Denkmals" vorgestellt wurde. Weiterhin traten als Redner auf: Bürgermeister Dr. Henger sowie Kreisleiter Oberstudiendirektor Blankenhorn.[41] Insgesamt fällt die starke Präsenz von Parteigliederungen und Parteifunktionären auf. Und in der örtlichen Parteipresse wurde nicht versäumt, auf die Bedeutung der geistigen Strömung "die vom Nationalsozialismus seit der Machtübernahme des Führers ausging[e]", bei der Realisierung des Denkmals zu verweisen. Die Enthüllung nahm als Vorstand der Stadt Bürgermeister Dr. Henger vor.[42]

Quellen:

[38] Nationale Rundschau. Neues Ehinger Tagblatt v. 1934 Mai 5; 1934 Juni 5.

[39] Nationalsozialistische Kriegsopferversorgung e. V.

[40] Soldatenverband Kyffhäuserbund, gegr. 1898. 1921 mit dem deutschen Kriegerbund (gegr.1872) zum Deutschen Reichskriegerverband Kyffhäuser vereinigt. 1927 3 Mio. Mitglieder.

[41] Blankenhorn, Richard (1886-1968), Oberstudiendirektor am Gymnasium Ehingen, Kreisleiter der NSDAP für den Landkreis Ehingen.

[42] Nationale Rundschau. Neues Ehinger Tagblatt v. 1934 Juni 28; 1934 Juni 30. Einladung der Stadtverwaltung zur Einweihung des Kriegerdenkmals sowie die Mitteilungen "aus der Bewegung", NSDAP Ortsgruppe Ehingen.

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